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Anämie, Erythropoetine und krebskranke Patienten:

Balance zwischen Nutzen und Risiko finden


Anämie ist eine häufige Begleiterkrankung bei krebskranken Patienten (Übersichten in Ludwig H, Semin Oncol 28:7-14, 2001, Spivak JL, Nat Rev Cancer 5:543-555; 2005). Ihre Häufigkeit nimmt mit jedem Chemo­therapie-Zyklus zu und kann bis zu ca. 75% der Tumorpatienten im Verlauf der Erkrankung bestreffen. Das Auftreten oder Vorliegen einer Anä­mie ist ein dokumentierter wichtiger Mortalitätsrisikofaktor für eine Vielzahl von verschiedenen Krebserkrankungen. Symptomatisch wird die Tumor-Anämie zu einem erheblichen Teil mit dem vielschichtigen und die Lebensqualität einschränkenden Fatigue-/Abgeschlagenheitssysdrom bei Krebspatienten in Verbindung gebracht. Neben einer verminderten Produktion von Erythropoetin wird die Tumor-Anämie pathophysiologisch wahrscheinlich auch durch einen Status chronischer Inflammation mit systemischer Erhöhung von Interleukinen 1-β und 6 sowie Tumor Necrosis Factor-α und nachfolgender Inhibition der Erythropoese vermittelt.

Die Säulen der Behandlung von Tumor-Anämie bilden heute Erythrozytentransfusion, Eisensupplementation bei Eisenmangel (absolut oder relativ) und die Gabe von Erythropoese-stimulierender Agentien (ESA´s). Auch wenn die Gabe von Erythrozytenkonzentraten hohen Sicherheitsstandards unterliegt, bleiben sie auch in unseren Tagen mit einem relevanten Risiko vergesellschaftet. Hierzu gehören u.a. die Gefahren einer Infektionsübertragung, von immunologischen Früh- und Spätreaktionen sowie der Eisen- und Volumenüberlas­tung (Klein HG, Lancet 370:415-426, 2007).

In einer großen Zahl von kontrollierten Studien und daraus abgeleiteten Meta-Analysen ist das Nutzen-Risiko-Profil der ESA´s in der Behandlung von Tumor-Anämie charakterisiert worden (Bennett CL, JAMA 299:914-924; 2008). Mit sehr guter Evidenz ist belegt, dass ESA´s sehr wirkungsvoll den Hämoglobin-Wert anheben und die Notwendigkeit von Bluttransfusionen signifikant senken können (um ca. 75%). Eine Verbesserung der Lebensqualität ist ebenfalls in vielen klinischen Untersuchungen belegt worden, obgleich hier der Nutzen der ESA´s weniger einheitlich akzeptiert wird. Auf der Risiko-Seite stehen dem ein möglicher negativer Einfluss auf Patientenüberleben und Tumorprogression sowie eine erhöhte Inzidenz von thromboembolischen Ereignissen gegenüber. Wurde für viele Jahre von einem neutralen bzw. möglicherweise positiven Effekt der ESA´s auf das Überleben von anämischen Krebspatienten ausgegangen, haben mehrere neuere Studien einen negativen Effekt beschrieben. Wichtig in der Bewertung dieser Ergebnisse ist, dass diese neueren Untersuchungen in nicht zugelassenen Indikationen für ESA´s bei Tumor-Anämie durchgeführt wurden (hohe Ziel-Hb-Werte, nicht-Chemotherapie-induzierte Anämie) (Ludwig H, Wien Klin Wochenschr 120:507-513, 2008). Bindet man diese Untersuchungen in aktuelle Meta-Analysen ein, findet sich nun eine Erhöhung des Mortalitätsrisikos (Bennett CL, JAMA 299:914-924; 2008). In Bezug auf thromboembolische Ereignisse zeigen die Meta-Analysen ein ca. 1,6-fach erhöhtes Risiko unter ESA-Behandlung auf.

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Tags: nephro-news nephrologie anämie erythropoetine onkologie krebs tumor-anämie 

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