NEPHRO-News
In seinem sehr amüsanten und viel gelesenen Editorial mit dem Titel
„More mixed messages in terms of salt“ (Luft FC, Clin J Am Soc Nephrol
4:1699-1700, 2009) stellt Friedrich Luft bei der Besprechung eines im
Jahr 2009 erschienenen Artikels zur diätetischen Natrium-Aufnahme und
„Public Policy“ einer großen Gruppe der Salz-Mahner (salt admonishers)
die Fraktion der Salz-Befürworter (salt party line opposition) gegenüber
und zählt auf, was beide Parteien zuvor publiziert hatten. Seine
Einleitung gipfelt in den Worten: „Erstaunlich, dass überhaupt noch
jemand überlebt. Nichts wird so emotional behandelt, wie dieses Thema!“
All jene, die – wie der Erstautor der vorliegenden Besprechung –
aufgrund des elterlichen Informationsgrades in ihrer Kindheit auf
übermäßigen Salzkonsum verzichten mussten, können diese Einschätzung
nachvollziehen.
Nachdem das Bewertungsproblem des Salzkonsums für
die Allgemeinbevölkerung derzeit unmöglich zu lösen sein dürfte,
scheint für die Dialysepopulation vieles einfacher. Mindestens seit
Scribner’s Beschreibung von zwei im Jahr 1960 erfolgreich über mehrere
Wochen behandelten Patienten mit chronischer Urämie (Scribner BH, Trans
Am Soc Artif Intern Organs 6:114-122, 1960), in der er diskutiert, dass
„die Kombination aus Salzrestriktion und Ultrafiltration die Regulierung
des Extrazellulärvolumens erlaube“, propagieren die meisten
Dialyseärzte eine mehr oder weniger strenge Natrium-Restriktion. Im
Vergleich zur Allgemeinbevölkerung gibt es bei Dialysepatienten nur
wenige (unseres Wissens nach nur eine einzige) Publikation zu
diätetischer Natrium-Aufnahme und „harten“ Outcomes. Diese Analyse (Mc
Causland FR, Kidney Int 82:204-211, 2012) findet in Patienten der
HEMO-Studie eine „robuste Assoziation“ zwischen niedrigerer
Natrium-Aufnahme und Mortalität, allerdings nur nach Adjustierung: Die
in dieser Publikation abgeschätzte Hazard Ratio [HR] liegt für die
oberste Quartile der Natrium-Aufnahme unadjustiert bei <1 und
adjustiert bei 1,25 bzw. 1,4, je nach Modell (die Werte wurden anhand
der Figure 3a in der Originalpublikation abgeschätzt.)
Kleine
Mengen Natrium können bei Dialysepatienten regelmäßig auch auf
nicht-diätetischem Weg zugeführt werden, typischerweise über
intradialytisch gegebene Natrium-Boli (z. B. in Form von 1M NaCl), und
bei manchen Patienten auch über die vorgegebene Dialysat-Natrium
(DNa)-Konzentration im Rahmen der Dialysebehandlung. Natrium wird zwar
mittels Ultrafiltration entfernt (1 Liter Ultrafiltrat enthält ca. 140
mmol Natrium), nach Lindley wird einem 70 kg schweren Patienten mit
prädialytischem Natrium von 137 mmol⁄L, der mit DNa 140 mmol⁄L
dialysiert wird, aber über diffusiven Transport zwischen 45 und 100
mmol Natrium zugeführt (Lindley EJ, Semin Dial 22:260-263, 2009). Die
Physiologie ist komplex, und bereits zweimal durften wir in Nephro-News
darüber berichten, ebenso wie über unsere Studien in Wien und Ann Arbor
(USA), bei denen ein kleiner Datensatz (Hecking M, Am J Nephrol
33:39-48, 2011) zum Ausgangspunkt für zwei große Natrium-Analysen bei
Patienten der „Dialysis Outcomes and Practice Patterns Study“ (DOPPS)
wurde (Hecking M, Am J Kidney Dis 59:238-248, 2012; Hecking M, Clin J Am
Soc Nephrol 7:92-100, 2012).
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