NEPHRO-News
Einleitung
Durch die technologische und
Information Technology (IT)-Revolution der letzten Dekade auch im ‚life
science‘-Bereich ist es inzwischen kein großes Problem mehr, aus einer
einzigen Probe (z. B. Nierenbiopsie) alle mRNA-Transcripte zu bestimmen.
Diese Technik bezeichnet man als Transcriptomics und stellt nur eine
Methode in der Fülle der inzwischen technisch möglichen Analysen dar.
Weitere Bereiche sind Metabolomics, Proteomics, etc., die alle gemeinsam
haben, mit dem ‚Suffix‘ ‚Omics zu enden. Omics ist ein Neologismus,
also ein neu kreiertes Wort, das sich von Genomics ableitet, der
Verbindung von Gen und Chromosome. Das Wort Genome wurde vom deutschen
Botaniker Hans Winkler 1920 geschaffen (Winkler H, Verbreitung und
Ursachen der Parthenogenesis im Pflanzen- und Tierreiche. Fischer, Jena
1:231, 1920).
Um aus der Vielzahl der erhobenen Daten aus einer
Probe auch sinnvolle Information ziehen zu können, müssen diese Daten
aufbereitet werden und in einen sinnvollen Kontext zur Fragestellung (z.
B. Phänotyp oder Erkrankung) gesetzt werden. Die Integration dieser
Information von vielen Ebenen, um biologische Prozesse umfassend
beschreiben zu können, wird als Systembiologie bezeichnet. Dieser
integrative Ansatz liefert letztendlich einzelne molekulare Kandidaten
und Pathways, die einen Phänotyp charakterisieren. Wenn man nun mehrere
dieser molekularen Kandidaten berücksichtigt, gelingt die Vorhersage
von z. B. klinischen Verläufen oder Therapieansprechen mit höherer Wahrscheinlichkeit als bei der Verwendung nur eines Kandidaten
(Biomarkers). Dies ist auch der wesentliche Unterschied zur deduktiven
Forschung der vergangenen Jahre, wo meist nur ein oder wenige molekulare
Prädiktoren in Bezug auf ein klinisches Outcome untersucht wurden. Da
aber die einzelnen molekularen Faktoren üblicherweise in ein komplexes
Netzwerk von Interaktionspartnern eingefügt sind, ermöglich dieser
induktive Zugang eine viele breitere/ umfassendere Sicht von molekularen
Abläufen, die einen Phänotyp charakterisieren. Das Ergebnis ist
allerdings nur eine Wahrscheinlichkeit, mit der basierend auf den
Omics-Daten (z. B. Genotyp) ein klinisches Ereignis vorhergesagt werden
kann.
Letztendlich läuft dieser breite Zugang auf die
‚personalisierte Medizin‘ hinaus. Ultimatives Ziel dieses Zuganges ist
es, durch ein Netzwerk von einigen wenigen selektierten Kandidaten, die
aber das ganze Netzwerk repräsentieren, den individuellen Patienten
optimal in Bezug auf Risiko, Progression und Therapieansprechen von
definierten Erkrankungen einzuschätzen. Näheres finden Sie im Kapitel
‚Personalisierte Transplantnephrologie‘.
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