Akutes Lungenversagen und begleitende Organversagen

Untersuchungen zur Prognose des akuten Lungenversagens zeigen seit vielen Jahren sehr unterschiedliche Ergebnisse. Die nun vorliegende "Single Center"- Studie aus der Abteilung von Alan Morris in Salt Lake City versucht anhand einer Wiederaufbereitung von prospektiv archivierten Daten den schwierigen Nachweis zu führen, dass sich die Inzidenz und Sequenz des Multiorganversagens im Rahmen des ARDS in den letzten Jahren geändert hat. Die Autoren trennten die Patienten in 2 Kollektive (1987-1990 und 1994-1999), welche sie aufgrund des Oxygenierungsindex (PaO2/FiO2) eingeteilt hatten. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Studie sind einerseits der Zusammenhang zwischen einem höheren Oxygenierungsindex und niedrigerer Mortalität und eine unterschiedliche Verteilung von Organversagen in den beiden Kollektiven andererseits; meiner Meinung nach zwei eher überraschende Ergebnisse, welche nicht mit bisherigen Literaturdaten übereinstimmen.

In einer bereits 1996 publizierten Meta-Analyse der bisherigen Literatur zum ARDS zeigten Krafft et al. anhand von 101 Originalarbeiten (Int Care Med 1996; 22:519), dass zwischen PaO2/FiO2-Ratio und der Mortalität keine Korrelation nachzuweisen ist. Dieses Ergebnis wurde durch mehrere Studien bestätigt und hat zur Meinung beigetragen, dass das Überleben von Patienten mit ARDS vor allem von den begleitenden Organversagen und deren Schweregrad abhängt. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangte kürzlich auch die bislang eher optimistische Arbeitsgruppe aus Seattle, welche bereits mit mehreren "Single-center" Evaluierungen auf sich aufmerksam machen konnte (Hudson et al. Am J Respir Crit Care Med 1995; 151:293 und Milberg et al JAMA 1995; 273:306). Im Gegensatz zu früheren Arbeiten wurde in rezenten Publikationen also keinerlei Zusammenhang zwischen ARDS und Mortalität gefunden. Das Lungenversagen war nur mehr für höhere Kosten und längere ICU-Aufenthaltsdauer verantwortlich.