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Die Folgen inadäquater antimikrobieller Initialtherapie bei schweren Infektionen


Die inadäquate antimikrobielle Initialtherapie von schweren Infektionen kann die Prognose von Intensivpatienten verschlechtern und die Letalität erhöhen. Dies klingt für erfahrene Kliniker wie ein banaler Allgemeinplatz. Bereits vor 40 Jahren konnten McCabe und Jackson zeigen, dass die inadäquate antimikrobielle Initialtherapie von onkologischen Patienten mit Gram-negativen Bakteriämien die Prognose negativ beeinflusste. Trotzdem besteht Uneinigkeit darüber, ob dies für alle Arten von Infektionen zutrifft und wie stark ausgeprägt der Effekt in Wahrheit ist. So wurden Arbeiten veröffentlicht, die keine signifikant erhöhte Letalität nach inadäquater antimikrobieller Initialtherapie von chirurgischen Wundinfektionen oder post-operativen Pneumonien nachgewiesen haben (Dupont et al., Intensive Care Med 2003; 29:179-88). Die meisten dieser Studien hatten allerdings ein zu kleines Patientenkollektiv untersucht und daher zu wenig "Power", um statistisch signifikante Unterschiede zwischen der Letalität von adäquat und inadäquat behandelten Patienten zu finden. Auf der anderen Seite wurden auch mehrere Kohortenstudien vor allem von Mitarbeitern von M. Kollef veröffentlicht, die das Letalitäts-Risiko ("adjusted risk of death") aufgrund von ungenauen statistischen Auswertungen und unzureichender Berücksichtigung von Störvariablen und systematischen Verzerrungen übertrieben haben.

Was bedeutet inadäquate antimikrobielle Initialtherapie?

Eine mikrobiologisch inadäquate antimikrobielle Initialtherapie liegt vor, wenn einer der zwei folgenden Kriterien zutrifft:

- Der Patient erhält ein Antibiotikum, das den Sepsis-Erreger nicht abtötet (z.B. Ceftriaxon für Enterokokken- oder Pseudomonas-Infektionen)

- Der Patient hat resistente Erreger, die nicht im Antibiotikaspektrum eingeschlossen sind.

Die am häufigsten nicht abgedeckten Keime bei Patienten mit Nosokomialpneumonien sind multiresistente Gram-negative Bakterien (Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter spp., Klebsiella pneumoniae, Enterobacter spp.), die sogar unter Therapie Resistenzen entwickeln können. Bei nosokomialen Bakteriämien sind Gram-positive Bakterien wie MRSA und Candida spp. häufig für Therapielücken verantwortlich.

Eine Anpassung des Antibiotika-Spektrums nach Erhalt des definitiven mikrobiologischen Rapports mit Antibiogram kann in den meisten Fällen von schwerer Sepsis die Prognose nicht mehr günstig beeinflussen. Bei nicht intensiv-pflichtigen Infektionen ist dies allerdings die Ausnahme; es bleibt Zeit und therapeutischer Spielraum, die kalkulierte Antibiotikatherapie umzustellen. In speziellen Fällen kann das Resultat auch ignoriert werden (Enterokokken im Peritonalisolat bei perforierter Appendizitis).

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Tags: intensiv-news infektiologie infektionen antimikrobiell 

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