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Veränderungen der Hämostase in der Sepsis

DIC, Verbrauchskoagulopathie und Purpura fulminans


Nicht nur Gerinnungsaktivierung, sondern auch vermindertes Hämostase- und Inhibitorpotential in der Sepsis

Typisch für Patienten mit Sepsis ist ein Aktivierungszustand des Gerinnungssystems (Abb. 1), der anhand von Aktivierungsparametern wie beispielsweise D-Dimer-Antigen, erfasst werden kann. Die Gerinnungsaktivierung kann im fließenden Blut, auf der Endotheloberfläche, an Endothel-Läsionen, im perivaskulären Gewebe und in Bereichen ohne direkten Kontakt mit Blutgefäßen erfolgen. Diese "latente Gerinnung" kann als Teil der Abwehrmechanismen des Gefäßsystems und damit des Gesamtorganismus angesehen werden, gemeinsam mit der Akutphasenreaktion und anderen Mechanismen zur Fixierung und Elimination von Bakterien, Viren und anderen schädigenden Einflüssen [Sjobring: Blood 202; 100:4470]. Es ist unklar, ob die systemische Gerinnungsaktivierung bei Sepsis eine pathophysiologische Bedeutung für die Organdysfunktion besitzt. Es gibt ebenfalls keinen Beweis dafür, dass es sich um einen unkontrollierten Prozess handelt oder dass dies als Hinweis auf eine Dekompensation des Gerinnungssystems zu werten ist. Eine systemische Gerinnungsaktivierung mit Generierung von zirkulierenden Fibrinkomplexen unterstützt die systemische Wirkung des ständig vom Endothel freigesetzten tPA, da Fibrin als Kofaktor bei der tPA-induzierten Plasminogen-Aktivierung wirkt. Präformierte Fibrinkomplexe sind außerdem effektiver bei der Gerinnselbildung als Fibrinogen und helfen dadurch, die Integrität des Gefäßsystems zu schützen.

Klinische Studien zur Verminderung der "latenten Gerinnung" bei Sepsis durch Gabe von Antithrombin-Konzentraten, Heparin, Gabexat-Mesilat, rekombinantem Tissue factor pathway inhibitor (rTFPI, Tifacogin) oder PAF-Antagonisten haben bisher keine statistisch signifikante Verringerung der Sterblichkeit gezeigt, trotz des unbestreitbaren Effektes auf Laborparameter der Gerinnungsaktivierung und Score-Systeme, die auf diesen Parametern aufgebaut sind. Eine Ausnahme scheint die Therapie mit rekombinantem humanem aktiviertem Protein C (rhuaPC) zu sein. Bei dieser Substanz wird allerdings davon ausgegangen, dass der Effekt unabhängig vom Vorliegen einer disseminierten intravasalen Gerinnung ist und dass neben der gerinnungshemmenden zusätzliche profibrinolytische und anti-inflammatorische Effekte für die Wirksamkeit verantwortlich sind.

Neben der Erhöhung der Aktivierungsprodukte findet sich bei Patienten mit Sepsis häufig eine Verminderung des plasmatischen Hämostasepotentials und hier insbesondere der hepatischen Gerinnungsfaktoren, der Inhibitoren, sowie der Thrombocyten. Im Konzept der "Verbrauchskoagulopathie" wird diese Verminderung einem Verbrauch durch den intravasalen Gerinnungsprozess zugeschrieben. Weitere Ursachen können jedoch auch eine verminderte hepatische Synthese, ein Plasmaverlust durch kapilläres Leck, Blutungen, oder im Falle der Thrombocyten, eine Knochenmarks-Hemmung, oder eine Hämophagocytose sein. Die Inhibitoren Antithrombin und Protein C reagieren als negative Akutphasenproteine und werden im Rahmen der Sepsis herunterreguliert. Zusätzlich finden sich bei Patienten mit Sepsis nicht selten Autoantikörper [Wenzel: Crit Care Med 2002; 30:763; Stephan: Am J Med 2000; 108:554], die zu einer Funktionsstörung und einem vermehrten Abbau von Thrombocyten und Gerinnungsfaktoren führen können. Die Kombination von erhöhten Aktivierungsprodukten mit vermindertem Hämostase- und Inhibitorpotential ist daher nicht unbedingt ein Beweis eines intravasalen Verbrauchs.

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Tags: intensiv-news sepsis hämostase 

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