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Führen Rekruitmentmanöver auch tatsächlich zu einem alveolären Rekruitment?


Unter alveolärem Rekruitment versteht man die Wiedereröffnung atelektatischer Lungenkompartimente durch Überschreiten eines kritischen Alveolaröffnungsdrucks mit konsekutiver Zunahme an Lungenvolumen und deren Offenhalten durch die Anwendung eines adäquat hohen positiven endexspiratorischen Drucks (PEEP). Für die alveoläre Rekrutierung kollabierter Lungenareale kommen bei Patienten mit akutem Lungenversagen (acute respiratory distress syndrome [ARDS]) mehrere synergistisch wirkende Rekrutierungsverfahren zur Anwendung:

  • Adäquat hoher PEEP
  • Augmentierende Spontanatmungsverfahren
  • Bauchlagerung
  • Rekruitmentmanöver


Die einzelnen Rekrutierungstechniken dürfen nicht isoliert betrachtet werden, sondern müssen als Teile einer gemeinsamen Strategie in der Behandlung des ARDS gesehen werden, dessen wesentliche pathophysiologische Größe der transpulmonale Druckgradient darstellt. Rekruitmentmanöver sind somit Teil eines Behandlungskonzeptes, das alveoläres Rekruitment zum Ziel hat. Auf die Bedeutung und die richtige Anwendung von PEEP, Bauchlagerung und dem frühzeitigen Einsatz augmentierender Spontanatmungsverfahren im Rahmen dieses Behandlungskonzeptes ist in früheren Publikationen in dieser Zeitschrift eingegangen worden (Hörmann; Intensiv-News 2004, 4; Oczenski; IntensivNews 2005, 2 und 5).

Rekruitmentmanöver im eigentlichen Sinn wurden als "Konzept der offenen Lunge" ("Open up the lung and keep the lung open") erstmals von Lachmann 1992 in einem "Editorial" formuliert (Lachmann, Intensive Care Med 1992; 342:1301). Dieses Verfahren basiert auf der Vorstellung, atelektatische Lungenkompartimente durch kurzfristige Erhöhung des Atemwegsdrucks bis auf über 60 cm H2O zu öffnen (= Rekruitmentmanöver) und die rekrutierten Lungenareale durch Anwendung eines adäquat hohen PEEP, der über dem kritischen Alveolarverschlussdruck liegt, offen zu halten. Basierend auf diesem Konzept kamen in den letzten Jahren verschiedene Rekrutierungstechniken zur Anwendung (Tabelle 1). Die Heterogenität der verschiedenen Rekruitmentmanöver erschwert allerdings Vergleiche zwischen den einzelnen Studien.

Effektivität von Rekruitmentmanövern

Aus pathophysiologischer Sicht hängt der Rekrutierungseffekt, unabhängig von der verwendeten Technik, maßgebend vom Rekrutierungspotential der ARDS-geschädigten Lunge ab, d. h. vom Ausmaß der Atelektasen (Gattinoni, Curr Opin Crit Care 2005; 11:69). Der direkte Effekt auf die Oxygenierung hängt hingegen von der Abnahme des intrapulmonalen Shunts ab. In einer kürzlich publizierten Studie zeigte Gattinoni, dass der prozentuale Anteil an rekrutierbarem Lungengewebe eng mit dem Ansprechen auf eine PEEP-Steigerung ("PEEP-response") assoziiert ist (Gattinoni, N Engl J Med 2006; 354:1775).

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Tags: intensiv-news pneumologie ards peep alveolär 

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