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Omega-3-Fettsäuren ("Fischöl")

Eine neue Therapieoption bei Sepsis?


Die Bedeutung von Lipidmediatoren

Lipidmediatoren ("Eicosanoide") sind Mediatoren, deren Vorstufen in nahezu unbegrenzter Menge als Strukturbestandteile der Zellmembranen in Form von Lipiden und letztlich Fettsäuren vorliegen. Im Rahmen inflammatorischer Prozesse werden Fettsäuren, insbesondere Arachidonsäure (AA), aus dem Membranlipidpool durch die membranständige Phospholipase A2 (PLA2) für die Eicosanoidsynthese mobilisiert. Diese Eicosanoide realisieren zusammen mit Stickstoffmonoxid (NO) und Adenosin die metabolische Feinregulation des Blutflusses in den arteriellen Endstromgebieten (Vallet B; Intensive Care Med 1998, 24:3).

Bei SIRS und Sepsis werden die entsprechenden Kaskadensysteme zunächst überaktiviert und beeinträchtigen die bedarfsadaptierte Gefäßregulation nachhaltig. Folge ist die Ausbildung der Kardinalsymptome der Entzündung. Nach einer initialen Thromboxan (TX) A2-vermittelten Arteriolenkonstriktion steht eine am ehesten NO-mediierte Arteriolen- und Venolendilatation im Mittelpunkt der akuten Reaktion, wodurch die lokale Perfusion zunimmt. Im Zeitraum von Stunden steigt die Gefäßwandpermeabilität, aus der Plasmaexsudation und die Ausbildung eines Ödems resultieren. Leukozyten migrieren u. a. durch Leukotrien (LT) B4 chemotaktisch geführt, aktiv zum Ort der Entzündung, um dort in den Extravasalraum zu diapedieren. Prostaglandine wie PGE2 und PGI2 fördern über ihre vasodilatierenden Eigenschaften (rubor, calor) die Bildung des inflammatorischen Ödems (tumor) und sind entscheidend an der Entstehung einer Hyperalgesie im Entzündungsbereich beteiligt (dolor). Das klinisch/makro-hämodynamisch erkennbare Korrelat dieser komplexen Vorgänge reicht letztlich bis zum septischen Schock.
Studien über die Zellmembranzusammensetzung der Industriestaatenbevölkerung zeigen ein Überwiegen von Omega-6-Fettsäuren. Omega-3-Fettsäuren wie Eicosapentaensäure (EPA [C20:5]) und Docosahexaensäure (DHA [C22:6]) sind in Tiefseefisch (z.B. Makrele, Hering) in Gewichtsanteilen von jeweils 0,1-1,2% enthalten und machen das Hauptreservoir für die Versorgung des Menschen mit Omega-3-Fettsäuren aus. Aus diesem Grunde haben Bevölkerungsgruppen, die sich überwiegend von Seefisch ernähren, größere Reservoirs an Omega-3-Fettsäuren in ihren zellulären Membranen.

Da sich AA und EPA lediglich durch eine Doppelbindung unterscheiden, sind beide Fettsäuren potenzielle Vorstufen für die Prostanoid- und Leukotriensynthese und konkurrieren um die Metabolisierung durch die Cyclooxygenase und die Lipoxygenase. Bei Individuen, deren Membranphospholipidzusammensetzung auch Omega-3-Fettsäuren aufweist, wird bei inflammatorischer Stimulation anstelle von AA zusätzlich EPA freigesetzt, deren Metabolite eine geringere pro-inflammatorische Aktivität aufweisen als die analogen AA-Derivate. So besitzt LTB5 wesentlich geringere vasokonstriktorische und chemotaktische Potenz als LTB4. Auch die Bildung des Plättchen-aktivierenden Faktors (PAF), welcher stark proinflammatorisch und plättchenaggregierend wirkt, wird durch EPA reduziert (Abbildung 1).

Auf molekularer Ebene scheint die Inhibition der proinflammatorischen Signalkaskade, welche über den Toll-like receptor (TLR)-4 vermittelt NFkB aktiviert, für die immunmodulierenden Effekte von Omega-3-Fettsäuren (Lee JY; J.Lipid Res. 2003, 44:479) eine wesentliche Rolle zu spielen. In diesem Zusammenhang konnte Pscheidl eine verbesserte Splanchnikusperfusion sowie eine höhere hepatische Laktatclearance nach Fischöl im Endotoxinämie-Tiermodell nachweisen (Pscheidl E; Crit Care Med. 2000, 28:1489). Darüber hinaus wiesen seine Daten auf eine verbesserte hepatische Immunkompetenz unter Endotoxinämie hin, welche zumindest teilweise durch eine verminderte Überstimulation von TLR-4 und der nachfolgenden Signalkaskade erklärt werden kann.

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Tags: intensiv-news sepsis omega-3-fettsäuren fischöl 

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