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Die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis der Thromboseprophylaxe bei Patienten mit akuten medizinischen Erkrankungen


Venous thromboembolism prophylaxis in acutely ill medical patients: definite need for improvement.

Chopard P, Dorffler-Melly J, Hess U, et al.                                                                                                                 J Intern Med 2005; 257:352-7

Faculty of Medicine, University Hospitals, Geneva, Switzerland.

AIM OF THE STUDY: To examine the frequency and adequacy of thromboprophylaxis in acutely ill medical patients hospitalized in eight Swiss medical hospitals.
METHODS: A cross-sectional study of 1372 patients from eight Swiss hospitals was carried out. After exclusion of patients (275) given therapeutic anticoagulation, 1097 patients were audited. The adequacy of thromboprophylaxis was assessed by comparison with predefined explicit criteria.
RESULTS: Of 1097 patients, 542 (49.4%) received thromboprophylaxis. According to the explicit criteria, 644 (58.7%) should have been on prophylaxis (P < 0.001, when compared with the rate observed). The rate of prevention differed widely between hospitals (from 29.4 to 88.6%) with no difference between teaching and nonteaching hospitals. According to the explicit criteria, a substantial proportion (44.9%) of the patients, who should have been treated were not. Conversely, 41.3% of the patients were unnecessarily treated.
CONCLUSIONS: Even though the appropriateness of the explicit criteria used could be challenged, our data suggest that the current practice is associated with important uncertainty leading to both overuse and underuse of thromboprophylaxis in patients hospitalized in medical wards. More efforts are urgently needed to develop new or endorse existing explicit, evidence-based criteria and guidelines for thromboprophylaxis in this population of patients.


Patienten mit akuten medizinischen (d. h. nicht-chirurgischen) Erkrankungen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für venöse thromboembolische Ereignisse. Allein durch die Krankheitssituation selbst ist dieses Risiko ca. 8-fach erhöht, es liegt absolut bei 10-20%, bei Insultpatienten jedoch bei 20-50% und bei kritisch Kranken bei 10-80%. Das Thromboserisiko ist abhängig von exogenen und patienten-eigenen Risikofaktoren, die aus großen randomisierten Studien abgeleitet wurden (z.B. MEDENOX-Studie, Arch Int Med 2004; 164:963; PREVENT-Studie, Circulation 2004; 110:874) und in Tabelle 1 angeführt sind. Eine Kumulation des Thromboserisikos besteht beim gemeinsamen Vorliegen mehrerer dieser Risikofaktoren. Eine Zusammenstellung dieser Fakten und eine klare Empfehlung der Durchführung einer Thromboseprophylaxe bei Patienten mit akuten Erkrankungen und einem oder mehreren der Risikofaktoren findet sich in den aktuellen Guidelines der ACCP (Chest 2004; 126:338S).

In der vorliegenden Studie untersuchten Chopard et al. die tatsächliche Praxis der Thromboseprophylaxe bei Patienten mit akuten medizinischen Erkrankungen. An den internen Stationen von 8 Schweizer Spitälern wurden an einem vorbestimmten Tag die antithrombotischen Strategien bei allen zu diesem Zeitpunkt stationären Patienten erhoben, ebenso wie die oben erwähnten Thromboserisikofaktoren. Es zeigte sich, dass 644 Patienten nach diesen Risikofaktoren und den aktuellen Guidelines eine Thromboseprophylaxe erhalten hätten sollen, tatsächlich aber nur 355 (=55,1%) eine solche erhielten. Im Gegensatz dazu wurde bei 187 Patienten (=41,3%) eine Thromboseprophylaxe appliziert, die nach den Guidelines gar nicht notwendig gewesen wäre. Eine Subgruppenanalyse zeigte, daß auch bei Höchstrisikopatienten nur in maximal 70% die notwendige Prophylaxe gegeben wurde. Diese zum Teil erschreckenden Zahlen zeigen klar, dass die tatsächliche Praxis der Thromboseprophylaxe klar an der wissenschaftlichen Evidenz vorbeigeht.

Leider ist das Design dieser Studie nicht optimal. Es wurde z.B. nicht erhoben, ob eine Kontraindikation gegen eine Antikoagulation vorlag. Außerdem ist eine einmalige Erhebung der Daten an einem einzigen Tag nicht unbedingt repräsentativ. Andererseits entsprechen die Zahlen durchaus denen anderer ähnlicher Studien. Wenn man die Situation bei Patienten, die auf Intensivstationen behandelt werden, betrachtet, so ist in diesem Höchst-Risiko-Kollektiv die Situation durchaus ähnlich.

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Tags: intensiv-news antikoagulation thrombose prophylaxe 

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