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Bauchlagerung und ARDS


Bei Patienten mit akutem Lungenversagen (ALI/ARDS) ist die Bauchlagerung eine auf vielen Intensivstationen etablierte Methode zur Verbesserung des pulmonalen Gasaustausches. In mehreren Studien wurde in etwa 60-80% der Patienten eine relevante Verbesserung der Oxygenierung belegt (O2-Responder), welche eine Rücknahme der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration (FiO2) ermöglichte (Chatte AJRCCM 1997; 155:473; Mure CCM 1997; 25:1539; Blanch, ICM 1997; 23:1033). Trotz dieses positiven Effektes auf die Oxygenierung konnte bislang keine Senkung der Mortalität nachgewiesen werden (Gattinoni, NEJM 2001; 345:568; Guerin JAMA 2004; 292:2379). In diesen letzteren Studien verbesserte sich zwar der Oxygenierungsindex PaO2/FiO2, jedoch wurde die 10-Tage- bzw. 28-Tage-Mortalität nicht signifikant vermindert. In einer Post-hoc-Analyse konnte allerdings bei Patienten mit einem Oxygenierungsindex PaO2/FiO2 < 88 mmHg bei Bauchlagerung ein signifikanter Überlebensvorteil nachgewiesen werden (47% vs. 23%) (Gattinoni, NEJM 2001; 345:568). Sicherlich handelt es sich bei dem "Cut-off-level" von PaO2/FiO2 < 88 mmHg um einen willkürlich gewählten Grenzwert.

Entsprechend der kritischen Analyse einer evidenzbasierten Medizin erreicht die Bauchlagerung beim akuten Lungenversagen derzeit nur die eingeschränkte Empfehlungsstufe E (Sevransky, CCM 2004; 32(Suppl): S548). Ist somit die Bauchlagerung bei diesen Patienten ein überholtes Therapieverfahren, auf welches wegen des hohen pflegerischen Aufwands, und der potentiellen Risken, wie Tubusdislokation und Lagerungsschäden, verzichtet werden kann? Mit einer Beurteilung sollte jedoch zurückhaltend verfahren werden, da die Vergleichbarkeit der einzelnen Studienergebnisse durch die Inhomogenität der Patientenkollektive, vor allem bezüglich des Schweregrades des ALI/ARDS, der Ätiologie (pulmonal/extrapulmonal) und dem zeitlichen Verlauf des akuten Lungenversagens (Früh-/Spätphase), des verwendeten Beatmungsmusters (PEEP/Tidalvolumen) und der Lagerungsdauer (1 bis 20 Stunden) sehr eingeschränkt ist. Die Effektivität der Bauchlagerung wird jedoch gerade von diesen Faktoren wesentlich beeinflusst.

Rekrutierungspotential des ARDS

Es ist schwierig, den klinischen Effekt der Bauchlagerung vorherzusagen. Dieser hängt maßgebend vom Rekrutierungspotential der ARDS-geschädigten Lunge ab, d. h. vom Ausmaß der dorsobasalen Atelektasen. Der direkte Effekt auf die Verbesserung der Oxygenierung hängt hingegen von der Höhe des intrapulmonalen Shunts ab. Folgende Faktoren sind für die Rekrutierung atelektatischer Alveolarkompartimente entscheidend:

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Tags: intensiv-news pneumologie ards lagerungstherapie bauchlagerung 

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