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Ist eine parenterale Ernährung tatsächlich "toxisch"?

Oder eher "Die Dosis macht das Gift" (Paracelsus)


In einem kürzlich erschienen Editorial von Marik/Pinsky mit dem Titel "Death by parenteral nutrition" (Intensive Care Med 2003: 29: 867) wurde die Behauptung aufgestellt, eine parenterale Ernährung erfülle alle Kriterien eines Toxins, sei gefährlich und sollte daher nicht mehr verabreicht werden. Dies deckt sich mit einigen früheren Aussagen, wie "What supports nutritional support?".

Ist nun die parenterale Ernährung wirklich toxisch, ist das Akronym "TPN" tatsächlich die Abkürzung von "total poisonous nutrition", sind Generationen von Ärzten, die eine parenterale Ernährung vorgenommen haben, fehlgeleitet? Ist die parenterale Ernährung wie behauptet "mit einem eindrucksvollen Spektrum von metabolischen und endokrinen Komplikationen" verbunden?

Unbestritten ist, dass die enterale Zufuhr von Nährstoffen die wichtigste Maßnahme zur Aufrechterhaltung der intestinalen Funktionen, zur Stimulation des intestinalen Immunsystems darstellt, die wenn immer möglich eingesetzt werden sollte. Wir gehen sogar weiter und empfehlen bei Patienten, die nicht (vollständig) enteral ernährt werden können, eine "minimale enterale Ernährung". Offensichtlich ist zudem, dass eine parenterale Ernährung diese intestinalen Funktionen nicht in gleichem Maße wie die enterale unterstützt (wenn auch beispielsweise das gastrointestinale Immunsystem durch eine parenterale Gabe von Glutamin sehr wohl stimuliert werden kann).

Aber alle anderen Komplikationen, die die Autoren auflisten, wie "Hyperglykämie, Hypertriglyzeridämie, Azotämie, metabolische Azidose, Elektrolytstörungen", können auch bei der enteralen Ernährung auftreten, sind als Fehler in der Planung, der Durchführung oder der Überwachung der Ernährungstherapie anzusehen. Diese Komplikationen sind also nicht intrinsisch mit einer parenteralen Zufuhr verbunden, sondern sind abhängig vom Ausbildungszustand dessen, der die Ernährungstherapie durchführt. Ärzte, die diese Therapie durchführen möchten, sollten entsprechend geschult sein.

Ein aktuelles Beispiel ist die Hyperglykämie: In den letzten Jahren ist klar geworden, dass eine Hyperglykämie ein Zustand ist, der den Krankheitsverlauf und die Prognose wesentlich beeinflusst. Jedoch sind die positiven Effekte der Senkung des Blutzuckers in der bekannten Studie von van den Berghe (N Engl J Med 2001:345) vollkommen identisch unabhängig davon, ob die Patienten parenteral oder enteral ernährt wurden. Wer nicht verstanden hat, dass bei parenteral ernährten Patienten, durch die gegenüber einer enteralen Ernährung geringere endogene Insulin-sekretion, der Insulinbedarf um etwa 26% erhöht ist, wird die Gefahr der Ausbildung einer Hyperglykämie und damit mögliche Komplikationen steigern.

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Tags: intensiv-news ernährung toxikologie parenteral 

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