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Nosokomiale und beatmungsassoziierte Pneumonie (ventilator associated pneumonia, VAP)


Pathophysiologie und Epidemiologie

Die nosokomiale Pneumonie ist die häufigste im Krankenhaus erworbene Infektion - sowohl insgesamt als auch im Intensivbereich. Die Intubation ist dabei der mit Abstand wichtigste Risikofaktor für das Auftreten einer solchen Infektion. Die beatmungsassoziierte Pneumonie (Englisch: Ventilator Associated Pneumonia, VAP, Abb. 1) ist somit eines der zentralen Probleme im Intensivbereich. Grund dafür ist, dass es mit zunehmender Beatmungsdauer zu einer Kolonisation des Oropharyngealraums mit pathogenen Erregern kommt. Diese werden am nicht vollständig dicht abschließenden Tubus-Cuff vorbei in die Atemwege aspiriert. Humorale und zelluläre Schutzfunktionen des Epithels sind durch die Überdruckbeatmung selbst beeinträchtigt, was den Infektionsvorgang begünstigt und beschleunigt. Daneben kommt der Übertragung von Keimen zwischen Patienten (sogenannte "Cross-Infektion") durch ärztliches und pflegerisches Personal eine wesentliche Bedeutung zu, wobei mangelnde Händehygiene als wesentlicher Risikofaktor erkannt ist.

Die Wahrscheinlichkeit, eine Pneumonie zu erwerben, steigt mit der Länge der Beatmungszeit. Bei Langzeitbeatmeten (>10 Tage) entwickeln mehr als 75% der Patienten eine Pneumonie. Die Gesamtinzidenz der VAP beträgt nach neueren Untersuchungen im Bereich internistischer Intensivstationen 12.1%, das entspricht 16.5 Fälle pro 1000 Patiententagen. Neuere Untersuchungen aus Deutschland zeigen, dass eine VAP die Notwendigkeit der Beatmung um 5 Tage und den Intensivaufenthalt um 6.5 Tage verlängert. Bei neurologischen und neurochirurgischen Patienten erhöht sich die Intensivzeit sogar um mehr als 14 Tage. Die dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten von knapp 7.500 € (Neurologie und Neurochirurgie: 15.100 €) werden jedoch – unter den Bedingungen des deutschen Gesundheitssystems – nur zu knapp 60% von den Kostenträgern erstattet. VAP stellt damit ein entscheidendes Risiko für die Kostenkalkulation von Krankenhäusern dar.

Diagnostik

Alle Untersuchungen der letzten Jahre belegen, dass klinische, radiologische und mikrobiologische Parameter auch zusammengenommen keine ausreichende Sensitivität erreichen, um die Diagnose einer Pneumonie im Intensivbereich zuverlässig zu stellen. Fagon zeigte schon 1993, dass auch erfahrene Intensivmediziner im besten Fall nur mit 70% Zuverlässigkeit eine Pneumonie diagnostizieren können. Bei unerfahrenen Ärzten sinkt die Sensitivität unter 50%. Auch die Zuhilfenahme radiologischer Kriterien bessert die Diagnosezuverlässigkeit nur bedingt. Wunderink konnte belegen, dass es kein pathognomisches Zeichen für eine Pneumonie im Röntgenbild gibt. Unter acht untersuchten, von Experten als pneumonietypisch eingestuften Röntgenkriterien zeigte nur das beidseitige Luftbronchogramm mit knapp 70% eine ausreichende Sensitivität. Dieses Zeichen findet man jedoch in der Regel nur bei sehr schweren Pneumonieverlaufsformen.

Auch die anfängliche Euphorie hinsichtlich invasiver Bronchoskopieverfahren mit semiquantitativer Aufarbeitung des gewonnenen Materials ist inzwischen gewichen. Ein Vorteil der invasiven Methodik gegenüber den "klassischen" diagnostischen Kriterien konnte hinsichtlich Mortalität und Morbidität beatmeter Patienten bisher nicht gezeigt werden. Eine Überlegenheit scheint nur in Teilbereichen wie der Diagnostik opportunistischer Infektionen vorhanden zu sein.

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Tags: intensiv-news pneumologie pneumonie nosokomial vap 

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