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Antikoagulation bei der Nierenersatztherapie des blutungsgefährdeten Intensivpatienten


Das akute Nierenversagen (ANV) tritt auf Intensivstationen, mit einer Häufigkeit von 4-16% auf, etwa 50-70% der Patienten mit ANV müssen einer Nierenersatztherapie zugeführt werden. Ein zentrales Problem aller Nierenersatzverfahren ist eine effektive Antikoagulation, vor allem vor dem Hintergrund, dass viele Patienten blutungsgefährdet sind. Dies bedeutet ein erhebliches Risiko, da schon unter niedrigdosierter Heparinisierung (10.000-15.000 IU/Tag) Blutungskomplikationen mit einer Häufigkeit von 10-50% auftreten. Ein zweiter Problembereich ist die ansteigende Häufigkeit der heparin-induzierten Thrombopenie Typ II (HIT-II). Im Folgenden werden spezielle Antikoagulationsverfahren dargestellt, die derzeit für die Nierenersatzbehandlung bei Intensivpatienten mit gesteigerter Blutungsgefährdung und/oder HIT-II verfügbar sind. Die Antikoagulation mit niedermolekularen Heparinen und die regionale Heparinisierung mit Protaminantagonisierung werden nicht diskutiert, da sie gegenüber der anderen Methoden den Nachweis eines messbaren klinischen Nutzens schuldig geblieben ist.

Zitrat

In den vergangenen Jahren haben mehrere Arbeitsgruppen vor allem aus den USA erfolgreich Zitrat bei kontinuierlichen Nierenersatzverfahren (CRRT) eingesetzt, wobei dies in Europa bislang nur wenig verwendet wird. Natriumzitrat bindet als Chelator das für Gerinnungsvorgänge essenzielle Kalzium, seine Infusion in den extrakorporalen Kreislauf reduziert das ionisierte Kalzium (erforderlicher Zitratspiegel im Blut 1,3-5 mmol/l). Eine Verlängerung der ACT auf das 1,5- bis 2-fache des Ausgangswerts hinter dem Filter ist ausreichend. Bei adäquater Dosierung tritt keine systemisch wirksame Antikoagulation auf, da freies Zitrat rasch durch das Blut-Kalzium abgesättigt wird. Zur Vermeidung einer Hypokalzämie wird über einen separaten zentralvenösen Zugang oder den Shunt Kalzium substituiert. Natriumzitrat wird in der Leber zu Bikarbonat metabolisiert, so dass bei kontinuierlicher Applikation eine Akkumulation von Puffersubstanzen mit der Gefahr einer metabolischen Alkalose eintreten kann.

Bei der intermittierenden Dialyse wird das Zitrat (40-50 mmol/h) in den arteriellen Schenkel infundiert. Die Dialysierflüssigkeit ist acetat- oder bikarbonatgepuffert, enthält kein Kalzium und meist auch kein Magnesium. Im venösen Schenkel des Dialysesystems werden Kalzium und von machen Gruppen auch Magnesium substituiert.
Für die kontinuierliche Nierenersatzbehandlung ist ein modifiziertes Verfahren erforderlich. Die Substitutions- und Dialysierflüssigkeit müssen alkalifrei sein, um zusätzliche Puffersubstanzen zu vermeiden und enthalten kein Kalzium. vDer Natriumgehalt (s. o.) sollte auf ca. 100-117 mmol/l verringert werden. Bei der CVVH im Prädilutionsmodus können so mit 18-19 mmol/h Natriumzitrat ausreichende Filterlaufzeiten erreicht werden. Insgesamt ist die Zitratantikoagulation, vor allem bei kontinuierlicher Behandlung, hinsichtlich Durchführung und Überwachung komplex und erfordert mehrfach am Tag Kontrollen des Säure-Basen-Status sowie der Serumelektrolyte inklusive des ionisierten Kalziums. In Zukunft wird eine vereinfachte Form der Zitratantikoagulation für CRRT verfügbar sein, wobei Zitrat statt Laktat als Anion in der Substitutionsflüssigkeit enthalten sein wird. Vorteil von Zitrat ist die geringere Rate an Blutungskomplikationen (daher insbesondere für blutungsgefährdeten Patienten geeignet) und die verbesserte Biokompatibilität des extrakorporalen Systems. Auch bei Patienten mit HIT-II ist Zitrat eine Option.

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Tags: intensiv-news nephrologie nierenersatztherapie antikoagulation 

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