NEPHRO-News
Zusammenfassung
Hereditäre zystische
Nierenerkrankungen können durch Mutationen in einer Vielzahl
verschiedener Gene verursacht werden. Dabei handelt es sich außer bei
der autosomal dominanten polyzystischen Nierenerkrankung (ADPKD)
überwiegend um seltene, meist autosomal rezessiv vererbte Syndrome, bei
denen die polyzystischen Nieren in Kombination mit einer Variation aus
extrarenalen Manifestationen auftreten. Im Gegensatz zu diesen eher
seltenen Syndromen ist die ADPKD eine ausgesprochen häufige Erkrankung,
eine der häufigsten hereditären Erkrankungen überhaupt. Mit einer
Prävalenz von bis zu 1:1000 leiden weltweit über 5 Millionen Menschen an
ADPKD, in Deutschland wird die Zahl der Patienten auf knapp 100.000
geschätzt. Die Erkrankung wird nicht bei allen diesen Patienten
diagnostiziert, da der Krankheitsverlauf variabel und das Eintreten
einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz bei weniger als der Hälfte
der Patienten zu erwarten ist. Im Verlauf dieser immer beide Nieren
befallenden Erkrankung wird das funktionelle Nierengewebe durch Zysten
ersetzt. Parallel hierzu kommt es zu einem voranschreitenden Verlust der
Nierenfunktion.
Spektakuläre Untersuchungen der letzten Jahre
haben gezeigt, dass es sich bei der ADPKD und den übrigen zystischen
Nierenerkrankungen um sogenannte Ziliopathien handelt, Erkrankungen
also, die durch funktionelle Störungen der primären Zilien verursacht
werden.
Primäre Zilien sind kleine härchenartige Organellen, die
sich auf beinahe jeder Epithelzelle des menschlichen Körpers befinden.
In der Vergangenheit waren diese Organellen nicht besonders beachtet
worden. In der Niere trägt fast jede Tubulusepithelzelle an ihrer
apikalen Seite ein Zilium, das von dort wie eine Antenne in das Lumen
des Nierentubulus hineinragt.
Es konnte gezeigt werden, dass
diese Organellen wichtige sensorische und regulatorische Funktionen in
Nierenepithelzellen wahrnehmen. Zilien modulieren zentrale Signalwege
der Nierenentwicklung und spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation
zellulärer Prozesse wie etwa der Ausbildung der planaren Zellpolarität,
also der Polarität in der Ebene eines Epithelverbandes, der Regulation
der Mitose und der Zellproliferation.
Heute ist klar, dass die
ziliäre Dysfunktion an zentraler Stelle bei der Entstehung von
Nierenzysten steht. Einblicke in die Funktion der Zilien und die
molekulare Pathogenese der ADPKD sind deshalb von zentralem Interesse,
da sich aus diesen Erkenntnissen aktuell mehrere mögliche
Behandlungskonzepte der ansonsten unbeeinflussbar progredient
verlaufenden Erkrankung entwickeln.
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