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Tracheotomie bei Intensivpatienten

Ein kurzer Überblick mit offenen Fragen


Etwa 10% der beatmeten Intensivpatienten erhalten eine Tracheotomie, für die chirurgische und perkutane Verfahren zur Verfügung stehen. Seit der Einführung einer perkutanen Technik zur Anlage einer Tracheotomie durch Ciagli 1985 hat dieses Verfahren eine weite Verbreitung gefunden und wird international gesehen in vielen Intensivstationen als Alternative zur herkömmlichen chirurgischen Tracheotomie eingesetzt. Der mit der perkutanen Technik unmittelbarere Zugang zur Durchführung einer Tracheotomie hat zweifellos auch zu einer Erhöhung der Tracheotomiefrequenzen geführt (siehe Abb.1), obwohl nach wie vor wichtige Fragen zur Tracheotomie bei Intensivpatienten ungeklärt sind.

Indikation, Zeitpunkt und Outcome

Die grundsätzlichen Indikationen und Argumente für die Anlage einer Tracheotomie sind für die chirurgische und perkutane Methode gleich. Neben der Vermeidung laryngotrachealer Intubationsschäden bei Langzeitbeatmung sind die Verbesserung atemphysiologischer Parameter (Verringerung von Atemwegswiderstand und Totraum), bessere Fixierbarkeit mit besserem Schutz vor akzidentiellem Atemwegsverlust, erhöhter Patientenkomfort und eine wahrscheinlich reduzierte Inzidenz beatmungsassoziierter Pneumonien zu nennen. Die Frage, ab welcher Beatmungsdauer eine Tracheotomie angelegt werden sollte, ist nicht eindeutig geklärt. Dies ist vor allem auch auf die Schwierigkeit einer objektiven Einschätzung der weiteren Beatmungsabhängigkeit eines Patienten zurückzuführen. So steht etwa den positiven Ergebnissen einer extrem frühen Tracheotomie bei Patienten mit einer geschätzten Beatmungsdauer von > 14 Tagen in einer randomisierten Studie von Rumbak (Crit Care Med 2004; 32: 1689) das Argument entgegen, dass möglicherweise viele dieser Patienten die Tracheotomie gar nicht benötigt hätten. Tatsächlich waren in der Kontrollgruppe (geplante Tracheotomie am Tag 14-16) 13% der Patienten bereits vor der Tracheotomie extubiert.

In einer Metaanalyse mit den Ergebnissen aus insgesamt nur 5 methodisch akzeptablen Studien zum Thema "Timing der Tracheotomie" kommt Griffiths (Brit Med J 2005; 330:1243) zum Ergebnis, dass eine frühe Tracheotomie zwar zu einer Verkürzung der Beatmungsdauer und der Liegedauer an der Intensivstation führt, aber keinen Einfluss auf das Pneumonierisiko sowie die Mortalität hat.

Eine rezente französische Arbeit (Clec’h C, Crit Care Med 2007; 35:132) weist auf die wichtige Problematik der Versorgung von tracheotomierten Patienten nach der Entlassung von der Intensivstation hin. In dieser Studie führte weder eine frühe noch eine späte Tracheotomie zu einer Verbesserung der Intensivstationsmortalität. Eine erhöhte Mortalität bei Patienten mit Trachealkanüle nach Intensivstationsentlassung wurde von den Autoren auch als möglicher Hinweis auf infrastrukturelle Mängel in der Versorgung dieser Patienten interpretiert. Auf jeden Fall verdeutlicht die Studie, dass Entscheidungen im Zusammenhang mit einer Tracheotomie bei Intensivpatienten neben der generellen Prognose auch die verfügbaren Ressourcen und Strategien in der weiteren Betreuung dieser Patienten berücksichtigen müssen.

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Tags: intensiv-news pneumologie beatmung tracheotomie 

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