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Kreislauftherapie bei Sepsis


Wenn eine Sepsis durch Organdysfunktionen kompliziert wird (schwere Sepsis), dann ist die Entwicklung einer hämodynamischen Instabilität ein häufiges Problem. Durchschnittlich 65,3% dieser Patienten werden mit Vasopressoren behandelt (Engel C, Intensive Care Med 2007; 33:606). Beim septischen Schock kommt es durch die generalisierte Ausschüttung der Entzündungsmediatoren zu tief greifenden Veränderungen im kardiovaskulären System, die alle Ebenen der Kreislauffunktion umfasst (Abbildung 1). Eine adäquate Gewebeoxygenierung kann somit nicht mehr gewährleistet werden. Pathophysiologische Veränderungen sind:

Myokardiale Dysfunktion: Die im Rahmen der Sepsis freigesetzten Zytokine TNF-a und Interleukin-1 wirken über die intramyokardiale Freisetzung von Stickstoffmonoxid (NO) als myocardial depressant substances. Bei der septischen Kardiomyopathie kann eine verminderte linksventrikuläre Ejektionsfraktion bei hohen enddiastolischen Volumina beobachtet werden.

Arterielle Vasodilatation mit arterieller Hypotonie: Die vermehrte Freisetzung von IL-1 und TNF-a führt in den Endothelzellen zur Induktion der NO-Synthetase, die NO aus der Aminosäure L-Arginin herstellt. NO ist ein potenter Vasodilatator, so dass eine ausgeprägte generalisierte Vasodilatation und arterielle Hypotension die Folge ist.

Relative und absolute Hypovolämie: Die generalisierte Vasodilatation verhindert einen adäquaten Rückstrom des Zirkulieren des Blutvolumens zum Herzen (relative Hypovolämie). Das durch die Endothelschädigung entstehende Kapillarleck bewirkt das Austreten erheblicher Mengen intravasaler Flüssigkeit nach extravaskulär und bedingt so einen intravasalen (absoluten) Volumenmangel.

Mikrozirkulationsstörung mit O2-Extraktionsdefizit: In der Sepsis nimmt die Zahl der perfundierten Kapillaren ab. Ursachen sind Leukozyten-induzierte Endothelzellschäden, Bildung von Mikrothromben sowie mechanische Flussbehinderungen durch adhärierende Leukozyten und Erythrozyten mit eingeschränkter Verformbarkeit. Da dies zu einer Verminderung der zur Verfügung stehenden Austauschfläche führt, nimmt die Fähigkeit des Gewebes zur O2-Extraktion ab.

Zytopathische Hypoxie: Experimentell lässt sich im Sepsis-Modell eine zelluläre Sauerstoffverwertungsstörung durch eine Störung der mitochondrialen Atmungskette zeigen. Wie weit dieses Phänomen klinisch eine Rolle spielt, ist noch ungeklärt.

Der septische Schock gehört zu den "distributiven" Schockformen. Zu den hämodynamischen Leitsymptomen gehören der intravasale Volumenmangel und die arterielle Hypotonie auf dem Boden einer generalisierten Vasodilatation. Trotz myokardialer Dysfunktion können die Patienten bei ausreichender intravasaler Füllung hohe Schlagvolumina aufrechterhalten, so lange hohe enddiastolische Volumina vorliegen.

Hämodynamische Zielkriterien und hämodynamisches Monitoring

Die Anlage einer invasiven Blutdruckmessung und eines zentralen Venenkatheters gehört zum hämodynamischen Standardmonitoring von Patienten mit schwerer Sepsis bzw. septischem Schock. In der Studie zur initialen hämodynamischen Stabilisierung verwendeten Rivers und Mitarbeiter in beiden Studiengruppen die hämodynamischen Zielparameter zentralvenöser Druck 8–12 mmHg, mittlerer arterieller Druck >65 mmHg und Diurese >0,5 ml/kg/h (Rivers E, N Engl J Med 2001; 345:1368). Diese Zielparameter sind jedoch letztlich nicht validiert. Die Begrenzung auf einen oberen Zielwert für den ZVD ist problematisch, da dieses Vorgehen bei Patienten mit Herzinsuffizienz bzw. erhöhten intrathorakalen oder -abdominellen Drücken zu erheblichen Fehleinschätzungen des Volumenstatus führen kann. Zur Einschätzung der myokardialen Vorlast sind volumetrische Parameter (z.B. intrathorakales Blutvolumen oder enddiastolisches Volumen) den klassischen Füllungsdrücken überlegen. Der wesentliche Unterschied zwischen der Kontroll- und der so genannten Early Goal Directed Therapy (EGDT)-Gruppe war die Einführung des Zielkriteriums einer zentralvenösen Sauerstoffsättigung (ScvO2) >70%. Das bessere Abschneiden der EGDT-Gruppe lässt daher die Schlussfolgerung zu, dass die Verwendung des Zielkriterums "ScvO2 >70%" im Vergleich zu einem Vorgehen, welches die ScvO2 nicht berücksichtigt, überlegen ist.

Ob ein erweitertes hämodynamisches Monitoring grundsätzlich notwendig ist, ist unklar. Am besten untersucht ist derzeit die Frage, ob ein hämodynamisches Monitoring mittels eines Pulmonalarterienkatheters sinnvoll ist. Eine aktuelle Metaanalyse, die insgesamt 11 Studien (davon drei Studien an Patienten mit Sepsis oder ARDS) berücksichtigt, konnte keinen Vorteil bezüglich eines derartigen hämodynamischen Monitorings aufzeigen (Shah MR, JAMA 2005; 294: 1664). Das prinzipielle Anstreben eines sehr hohen (supranormalen) O2-Angebots mittels des Einsatzes hochdosierter Katecholamine kann nicht empfohlen werden (Heyland DK, Crit Care Med 1996; 24:517). Eine Erhöhung des O2-Angebots sollte individuell entschieden werden und ist immer dann gerechtfertigt, wenn Zeichen einer peripheren Minderversorgung bestehen (ScvO2<70%, Erhöhung des Serumlaktatwerts, verminderte Diurese).

Maßnahmen zur initialen Stabilisierung der Hämodynamik

Entsprechend den pathophysiologischen Veränderungen beim septischen Schock muss die Kreislaufstabilisierung an mehreren Stellen gleichzeitig angreifen (Abbildung 2):

  1. adäquater Volumenersatz
  2. Einsatz von positiv inotropen Substanzen
  3. Einsatz von Vasopressoren

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Tags: intensiv-news sepsis kreislauftherapie 

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