NEPHRO-News
In den vergangenen Jahren war der Entzug von Steroiden eines der
beherrschenden und mitunter leidenschaftlich kontrovers geführten Themen
in der Nierentransplantation. Zuletzt ist es ruhiger um dieses Thema
geworden. Liegt dies daran, dass nun alle Unklarheiten beseitigt sind?
Können wir sicher Steroide entziehen? Enthalten wir all den Patienten,
bei denen wir uns dagegen entscheiden, womöglich fahrlässig ein
verbessertes kardiovaskuläres Risikoprofil vor?
Die vorliegende
Übersicht fasst die aktuelle Evidenzlage zusammen, präsentiert
interessante neue Daten zur Rekurrenz der Grunderkrankung nach
Steroidentzug und stellt sich der Frage: Ist Steroidentzug ein „Kann“,
ist er ein „Muss“ und bei wem sollte man die Finger davon lassen?
Steroidentzug: Warum sollte ich?
Über
90% aller akuten Rejektionen ereignen sich im ersten Jahr nach
Transplantation (Nankivell BJ; N Engl J Med 2003; 349:2326). Es stellt
sich daher die Frage, ob wir unsere nierentransplantierten Patienten
jenseits dieser Zeit einer „Überimmunsuppression“ aussetzen. Diesem
Gedanken folgend, stellt der Steroidentzug eine interessante Option dar.
Die Steroidgabe geht mit einer erhöhten Prävalenz von Hypertonie,
Hyperlipidämie, Gewichtszunahme und Diabetes einher (Fellstrom B;
BioDrugs 2001; 15:261). Intuitiv mag man denken: „Unter den hohen Dosen
zu Beginn vielleicht. Aber hat die langfristig unter der
Cushing-Schwelle liegende Dosis von z. B. 5 mg Prednisolon wirklich noch
einen Effekt auf das kardiovaskuläre Risikoprofil? In der Tat stellt
die Fortführung der Kortikoidtherapie nach Nierentransplantation einen
unabhängigen Risikofaktor für ein Versterben des Patienten im Verlauf
dar (Vanrenterghem YF; Transplantation 2008; 85:209). Steroide haben
ferner Nebenwirkungen außerhalb des kardiovaskulären Systems wie
Osteoporose, Frakturen, aseptische Knochennekrosen, Katarakte oder
Ulzera. Diese Nebenwirkungen sind dosis-abhängig, sodass ein frühes
Ausschleichen wünschenswert erscheint. Tatsächlich werden in Deutschland
hingegen nur sehr wenige Patienten steroidfrei behandelt. Der Grund
hierfür ist die Sorge um eine erhöhte Rejektionsrate und eine
langfristig verschlechterte Transplantatfunktion. Der Steroidentzug ist
somit als eine Kosten-Nutzen-Rechnung zwischen einer etwaigen
Unterimmunsuppression und der Inkaufnahme von Nebenwirkungen zu sehen.
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