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Pleiotrope Effekte von Vitamin D und Vitamin D-Analoga


Für ein gesundes Leben werden Serumkonzentrationen an 25-Hydroxyvitamin D3 (25(OH)D) von >32 ng/ml (>80 nmol/l) empfohlen (Heaney RP, Clin J Am Soc Nephrol 3:1535-1541, 2008). Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 30-50% der gesunden Erwachsenen einen Vita­min D-Mangel aufweisen (Holick MF, Ann Epidemol 19:73-78, 2009). Postmenopausale Frauen haben in etwa 2/3 der Fälle 25(OH)D-Spiegel <80 nmol/l (Lappe JM, J Am Coll Nutr 25:395-402, 2006). Der Vita­min D-Mangel ist auch bei Männern >65 Jahre beträchtlich: 26% der Männer hatten einen Vitamin D-Spiegel <20 ng/ml (Vitamin D-Defizienz) und 72% hatten einen Vita­min D-Spiegel <30 ng/ml (Vitamin D-Insuffizienz). Von den mehr als 80-jährigen Männern hatten 86% einen Vitamin D-Mangel (Orwoll E, J Clin Endocrinol Metab 94:1214-1222, 2009). In einer aus­tralischen Studie hatten 74% der 129 untersuchten internistischen Patienten 25(OH)D-Spiegel ≤50 nmol/l. Trotz Vi­tamin D-Supplementierung von 1000 IE Ergocalciferol/Tag (oder mehr) blieben bei 37 Patienten die 25(OH)D-Spiegel ≤50 nmol/l (Chatfield SM, Intern Med J 37:377-382, 2007). Andere Empfehlungen gehen von einem Vitamin D-Bedarf von 2000-7000 IE/Tag aus, um über das ganze Jahr Plasma-25(OH)D-Spiegel von 40-70 ng/ml sicherzustellen (Canell JJ, Altern Med Rev 13:6-20, 2008). Das obere Limit in der Vita­min D-Zufuhr für Erwachsene liegt vermutlich bei 10 000 IE/Tag (Hathcock JN, Am J Clin Nutr 85:6-18, 2007). Von Giovannucci werden 1000-2000 IE Vitamin D pro Tag für Erwachsene empfohlen (Giovannuci E, J Clin Endocrinol Metab 94:418-420, 2009). Um einen Serum-25(OH)D-Spiegel >75 nmol/l zu erzielen (ohne 25(OH)D-Spiegel von 220 nmol/l zu überschreiten), ist eine tägliche Vitamin D-Zufuhr von 86 µg (3440 IE) notwendig. Eine Computersimulation hatte dafür 115 µg (4600 IE) Vitamin D pro Tag errechnet. Empfohlen wird von Aloia et al. eine Vitamin D-Zufuhr von 95 µg (3800 IE) pro Tag bei einem 25(OH)D-Spiegel >55 nmol/l, aber von 125 µg (5000 IE) Vitamin D pro Tag für Personen mit einem 25(OH)D-Spiegel <55 nmol/l (Aloia JF, Am J Clin Nutr 87:1952-1958, 2008). Lee et al. (Lee JH, J Am Coll Cardiol 52:1949-1952, 2008) empfehlen bei Vi­tamin D-Mangel (25(OH)D-Spiegel ≤ 10ng/ml) die wöchentliche Gabe von 50 000 IE Vitamin D2 oder D3 für 12 Wochen und als Erhaltungstherapie 50.000 IE Vitamin D2 oder D3 alle 14 Tage. Alternativ werden 1000-2000 IE Vitamin D pro Tag empfohlen und eine Sonnenexposition für 5-10 Minuten (längere Zeiten für Personen mit stärkerer Hautpigmentierung). Vitamin D3 wird in einem ersten Schritt in der Leber zu 25(OH)D hydroxyliert und in einem zweiten Hydroxylierungsschritt (vorwiegend in der Niere) in 1,25(OH)2D (Calcitriol) umgewandelt. Klassischerweise ist Vitamin D involviert in die Regulation der Kalzium- und Phosphathomöostase. Nicht-klassische Effekte von Vitamin D betreffen die Beeinflussung von Blutdruck, Insulinsekretion und -sensitivität, Nierenfunktion und Herzkreislaufsystem und das Immunsystem. Ein Vitamin D-Mangel ist umgekehrt mit einer riesigen Zahl chronischer Erkrankungen assoziiert: Malignome (z.B. Mamma-, Prostata-, Colonkarzinome), Typ 1- und Typ 2-Diabetes mellitus, Hypertonie, kardiovaskuläre und renale Komplikationen oder Infektionskrankheiten (z.B. durch die verminderte Produktion von Cathelicidin bei Vitamin D-Mangel). Die Serum-25(OH)D-Konzentration gilt daher als wichtiger Parameter, um ein optimales Funktionieren der Vitamin D-abhängigen Systeme sicherzustellen.

Vitamin D-Mangel, Hypertonie und kardiovaskuläre Komplikationen

Vitamin D hat eine bedeutende Beziehung zum Blutdruck. Bei der Ratte führt eine Vitamin D-arme Diät zum Anstieg des systolischen Blutdrucks (Weishaar RE, J Clin Invest 79:1706-1712, 1987). Umgekehrt lässt sich durch Supplementierung von Vitamin D3 bei hypertensiven Ratten der Blutdruck senken (Borges AC, Br J Pharmacol 127:772-778, 1999). Paricalcitol (ein Analogon des aktivierten Vitamin D) verhindert bei hypertensiven Ratten funktionelle Störungen am Herzen und echokardiographische Veränderungen, die sich durch Vitamin D-Mangel auslösen lassen (Bodyak N, Proc Natl Acad Sci USA 104:16810-16815, 2007). Bei hypertensiven Ratten mit Herzinsuffizienz reduziert eine Therapie mit Calcitriol die kardiale Hypertrophie, den erhöhten linksventrikulären Durchmesser und die Fibrose des Herzens (Mancuso P, J Cardiovasc Pharmacol 51:559-564, 2008). Sowohl Myozyten als auch Fibroblasten des Herzens haben Rezeptoren für Vi­tamin D. Daraus lässt sich die potenzielle Behandelbarkeit bzw. Verhinderung der myozytären Hypertrophie oder interstitiellen Fibrose herleiten (Chen S, Hypertension 52:1106-1112, 2008). So ist beispielsweise gezeigt worden, dass Kinder mit Vitamin D-Mangel und dilatativer Kardiomyopathie erfolgreich mit Vitamin D und Kalzium therapiert werden konnten (Weber KT, Heart 94:540-541, 2008). Verschiedenste Zelltypen exprimieren die 1α-Hydroxylase und bilden dadurch lokal Calcitriol (Heaney RP, Clin J Am Soc Nephrol 3:1535-1541, 2008). Alle notwendigen Komponenten für eine Calcitriol-abhängige Signalübertragung sind am Herzen vorhanden und besonders ausgeprägt bei linksventrikulärer Hypertrophie (Chen S, Hypertension 52:1106-1112, 2008). Beim Menschen sind die Daten teilweise widersprüchlich. Auch beim Menschen besteht ein Zusammenhang zwischen einer niedrigen Vitamin D-Zufuhr und einem erhöhten Blutdruck (Sowers MR, Am J Clin Nutr 42:135-142, 1985). Bei zwei großen Populationen ließ sich eine inverse Beziehung zwischen dem 25(OH)D-Spiegel im Plasma und dem Risiko der Manifestation einer Hypertonie herleiten (Forman JP, Hypertension 49:1063-1069, 2007). Bei postmenopausalen Frauen mit Vitamin D-Mangel war die Blutdrucksenkung durch die Kombination von Vitamin D und Kalzium (im Mittel um 13,1 mmHg) effektiver als eine Monotherapie mit Kalzium (im Mittel um 5,7 mmHg) (Pfeifer M, J Clin Endocrinol Metab 86:1633-1637 2001).

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