Ist eine Hyperglykämie für den Intensivpatienten gefährlich?

In einer kürzlich erschienen Arbeit von Frau van den Berghe wurde ganz schlüssig gezeigt, dass bei Intensivpatienten eine Blutzuckereinstellung von 90 bis 110 gegenüber einer liberaleren - und in unseren Breiten wohl sehr üblichen - Blutglukose von 180 bis 200 mg/dl die Inzidenz einer Bakteriämie, eines sepsisbedingten MODS, eines akuten Nierenversagens, der "critical illness polyneuropathy" vermindert, die Dauer der Beatmung und des Intensivaufenthaltes verkürzt und die Prognose der Patienten drastisch um 34% verbessert. Dies ist um so bemerkenswerter, als die verabreichte Nahrungsmenge in beiden Gruppen vergleichbar war (siehe Tabelle 1).

Wohl jedem ist bewusst, dass eine chronische Hyperglykämie, eine schlechte Stoffwechselkontrolle, beim Diabetiker zu schwerwiegenden Kurz- und Langzeitkomplikationen führt. Viel weniger ist bekannt, dass auch eine akute Hyperglykämie beim Intensivpatienten die Prognose entscheidend beeinflussen kann. Erste Hinweise dafür erbrachten Arbeiten zur Hyperglykämie beim Schädel-Hirn-Trauma, wo gezeigt wurde, dass die neurologische Prognose mit der Höhe des Blutzuckerspiegels korreliert. Ähnliches wurde dann auch für die Reanimation gezeigt und auch beim Myokardinfarkt lässt sich ein Zusammenhang zwischen Blutzuckerspiegel und Prognose nachweisen. Vielfach ist argumentiert worden, dass die Hyperglykämie bei Akuterkrankungen eher Ausdruck des Schweregrades der Erkrankung (der dann mit der Prognose korreliert) und nicht einen unabhängigen prognostischen Faktor darstellt (dass hier also Henne mit Ei verwechselt wird). Dies ist sicherlich (auch) richtig, aber wie diese neue Untersuchung haben auch schon frühere Arbeiten gut belegt, dass eine Hyperglykämie für den Intensivpatienten einen ungünstigen Zustand, einen unabhängigen Risikofaktor für eine schlechte Prognose darstellt.