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Tidal Volume Reduction for Prevention of Ventilator-induced Lung Injury in Acute Respiratory Distress Syndrome


Tidal Volume Reduction for Prevention of Ventilator-induced Lung Injury in Acute Respiratory Distress Syndrome

L. Brochard, F. Roudot-Thoraval, E. Roupie, et al.                                                                    Am J Respir Crit Care Med 1998;158:1831-1838


PRIMUM NON NOCERE

Die vorliegende Studie steht stellvertretend für drei, im letzten Jahr erschienene, prospektive und randomisierte Arbeiten zur Beatmungsstragie bei ARDS. In allen drei Studien (vorliegende Arbeit, sowie Amato et al. und Stewart et al. im NEJM, Vol. 338) wird eine sogenannte "protektive" Beatmungsstrategie mit einer "konventionellen" verglichen und die Ergebnisse scheinen auf den ersten Blick widersprüchlich zu sein. Während die Amato-Studie,die einen Überlebensvorteil der protektiv beatmeten Gruppe zeigt, bereits als Citation-Klassiker von den Befürwortern der permissiven Hyperkapnie durch die Kongreßwelt getragen wird, werden die anderen beiden Arbeiten von der Fraktion der intensivmedizinischen Defätisten als Beweis dafür herangezogen, daß wir es eh´ schon immer richtig gemacht haben.

Bei genauer Betrachtung dieser Arbeiten ergibt sich jedoch ein Bild, das uns sehr wohl mit sich ergänzenden und keineswegs widersprüchlichen Informationen versorgt, vor allem wenn man die Arbeiten von Brochard und Steward der Amato-Studie gegenüberstellt, denn es werden hier mitnichten adäquate Beatmungsprotokolle verglichen: Die Amato-Patienten der Kontrollgruppe werden volumskontolliert mit mittleren Spitzendrucken von 46 cm H2O und PEEP-Werten von 7 - 9 cm H2O beatmet. Die Daten sagen uns, daß dies ausreichte, um innerhalb von 28 Tagen eine fast absurd anmutende Barotaumarate (= Pneumothorax, Pneumomediastinum, Weichteilemphysem) von 42% und eine exzessiv hohe 28-Tages-Mortalität von 71% zu generieren. Ein erwähnenswertes Detail am Rande dieser Arbeit ist die Tatsache, daß es bei 16 der 53 Patienten zu 24 (!) "akzidentellen Extubationen" gekommen war, von denen immerhin drei tödlich endeten. Die 28-Tages-Mortalität, die so überzeugend besser in der protektiv beatmeten Gruppe ist, wird durch die nicht mehr signifikant unterschiedliche Spitalsmortalität relativiert. Beeindruckend ist allerdings die Tatsache, daß die protektiv beatmeten Patienten (Tidalvolumina um 350 ml) eine deutlich bessere Oxygenierung aufweisen, was durch die Anwendung hoher PEEP-Werte (im Mittel 16 cm H2O) in dieser Gruppe (PEEP oberhalb des bei jedem Patienten bestimmten "lower inflection point" der Druck-Volumen-Kurve) erklärbar ist. Das bedeutet, daß ARDS-Patienten einen entsprechend hohen PEEP benötigen, um die Gasaustauschfläche zu maximieren ("open-lung-Konzept"), daß man aber mit Spitzendrücken jenseits der 40 cm H2O in ernste Schwierigkeiten bezüglich Beatmungskomplikationen kommen kann.

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Tags: intensiv-news pneumologie pneumonie lungenversagen ards beatmungstherapie 

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