Nicht nur die Dosis macht das Gift:

Medikationsfehler sind an Intensivsta­tionen häufig und stellen ein erhebliches Problem für die Patientensicherheit dar (Valentin A; BMJ 2009; 338:b814). Kritisch kranke Patienten sind in zweifacher Weise besonders exponiert. Einerseits tragen sie häufig ein erhöhtes intrinsisches Risiko (z. B. Multimorbidität, Akutsituation, unklare Medikamentenanamnese etc.), andererseits existieren die bekannten extrinsischen Risiken im Kontext der Intensivmedizin mit ihren komplexen Prozessen, multiprofessionellen Fragestellungen, Stress und Zeitdruck, Informationsüberlastung und zahlreichen weiteren Faktoren. Glücklicherweise führen viele Fehler nicht zu einem Patientenschaden. Trotzdem sind solche Ereignisse ein wesentliches Warnsignal und es besteht seit langem Konsens über die Dringlichkeit der Forschung zu Fehler­entstehung und Vermeidung und damit einer Verringerung des oben genannten extrinsischen Risikos. 

Die vorliegende Publikation von ­Puxty et al. ist eine Art Standortbestimmung zum Thema Medikationssicherheit an Intensivstationen (ICUs) und gibt einen Überblick über die Ergebnisse und Erkenntnisse der letzten 25 Jahre zu Medication Errors (MEs) und Adverse Drug Events (ADEs). Eine Datenbankrecherche (PubMed, MEDLINE, EMBASE, CINAHL, Web of Science, Cochrane Library, Google Scholar) identifizierte, beginnend mit dem Jahr 2000, zu diesem Thema 2.960 Publikationen. Davon erfüllten 48 Studien die folgenden Kriterien für den Einschluss in die Analyse. Berücksichtigt wurden Arbeiten, die sich auf erwachsene Intensivpatienten in Ländern mit hohem Einkommen bezogen und quantitative Daten zu Häufigkeit, Risikofaktoren, Folgen oder Minderungsmaßnahmen von MEs und vermeidbaren ADEs bereitstellten. Ausgeschlossen wurden unter anderem Fallberichte, Übersichtsarbeiten, Leitartikel und Studien aus Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen.