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Hygienemaßnahmen bei MRSA-positiven Patienten

Welche Maßnahmen sind durch wissenschaftliche Evidenz belegt?


Control of endemic MRSA-what is the evidence? A personal view.

Marshall C, Wesselingh S, McDonald M, et al.                                                                                                          J Hosp Infect 2004; 56:253-68

Department of Epidemiology and Preventive Medicine, Monash University and Infection Control and Hospital Epidemiology Unit, Alfred Hospital, Melbourne, Australia.

Although there is extensive literature on the control of MRSA, when that concerning epidemics is excluded, only a limited amount remains regarding the control of endemic MRSA. Several guidelines have been recently published recommending stringent control measures, which are often suggested based on their success in controlling MRSA outbreaks in hospitals with few MRSA or in containing MRSA cases introduced into a hospital with no MRSA. In these settings, multiple measures are usually introduced with apparently successful results. However, results may not be generalizable to other settings and we do not know the minimum effective measures required for MRSA containment. This paper aims critically to review the literature to determine whether evidence exists for the value of the infection control measures that are widely recommended in the endemic setting. Much of this literature is based on observational studies, with few randomized, controlled trials having been conducted. More well-designed studies are required before many of the principles on which we build infection control programmes can be regarded as evidence based.


Methicillin-resistente Staphylococcus-aureus-Stämme (MRSA) haben sich im letzten Jahrzehnt weltweit ausgebreitet. Die meisten von der MRSA-Epidemie betroffenen Länder haben als Reaktion hierauf nationale Leitlinien zum Umgang mit MRSA herausgegeben. In diesen Leitlinien werden Maßnahmen wie Kontaktisolierung von MRSA-positiven Patienten, nasale Dekontamination mit Mupirocin-Salbe, Wunddekontamination mit geeigneten Antiseptika und ggfs. eine antibiotische Therapie mit Glykopeptiden oder Linezolid empfohlen. Bei Entlassung von MRSA-Patienten wird darüber hinaus eine Wischdesinfektion des Patientenzimmers vorgenommen. Bereits bei der letztgenannten Maßnahme scheiden sich jedoch die Geister: Welcher Umfang der Desinfektionsmaßnahmen ist angemessen, welche Flächen sollten einbezogen werden, müssen die Wände und die Zimmerdecke einbezogen werden, oder müssen gar die Vorhänge abgenommen und gewaschen werden? Der Effekt der meisten Maßnahmen ist leider bis heute nicht wissenschaftlich belegt.

In einer umfangreichen Literaturanalyse wurde jetzt die wissenschaftliche Datenbasis für den hygienischen Umgang mit MRSA einer kritischen Bestandsaufnahme unterzogen. Dr. C. Marshall und Mitarbeiter von der epidemiologischen Abteilung der Monash-Universität in Melbourne, Australien, führten eine zeitlich unbegrenzte Medline-Literatursuche mit den Stichworten "MRSA" und "Methicillin-resistenter Staphylococcus-aureus" durch (Marshall C et al., J Hosp Infect 2004; 56:253). Die Literaturliste der aufgefundenen Arbeiten wurde nach weiteren relevanten Publikationen durchforstet. Das letztlich erhaltene Material wurde in die folgenden Abschnitte gegliedert und separat analysiert:

Maßnahmen, mit denen eine Selektion von MRSA in einer Population von Staphylococcus aureus verhindert wird

Durch eine Reihe von Observationsstudien ist belegt, dass hoher Verbrauch von Antibiotika in Krankenhäusern mit erhöhten MRSA-Raten korreliert. Die Literaturauswertung zeigte, dass keinesfalls nur Fluorchinolone, sondern auch andere Substanzen zu einer Selektion von MRSA führen. Ob eine Einschränkung des Antibiotikaverbrauchs allgemein, oder die Reduktion der Anwendung bestimmter Substanzen, umgekehrt auch zu einer Verringerung der MRSA-Häufigkeit führt, ist allerdings nicht belegt. Eine Studie zeigte, dass bei rotierendem Einsatz von Antibiotika auf einer Intensivstation (sog. "Cycling") die Rate der MRSA-Isolierungen gesenkt wurde - allerdings hatten die Autoren parallel zu den Veränderungen der Antibiotikaregime auch die Händedesinfektion verbessert (Raymond DP et al., Crit Care Med 2001; 29:1101). Da randomisierte Studien zu dieser Frage aus ethischen Gründen nicht durchgeführt werden können, ist aus Sicht der Autoren zumindest eine Interventionsstudie (Vergleich vorher/nachher) äußerst wünschenswert.

Maßnahmen, mit denen der Pool kolonisierter Patienten verringert wird

Die meisten Kliniken führen bei Nachweis einer nasalen Besiedlung eine Dekontaminationsbehandlung mit Mupirocin, meist über 5 Tage, durch. Zusätzlich werden bei Nachweis von MRSA an der Körperhaut antiseptische Ganzkörperwaschungen, z.B. mit Chlorhexidin-haltigen Shampoos oder Lösungen durchgeführt. Der Wert dieser Maßnahmen ist nur bei Ausbrüchen, nicht jedoch in einer endemischen Situation wissenschaftlich belegt worden. Die einzige publizierte, randomisierte, kontrollierte Studie zeigte nur eine mäßiggradige, statistisch nicht signifikante Verringerung der MRSA-Besiedlungsrate im Vergleich zu placebobehandelten Patienten. Mit nasaler Mupirocin-behandlung ging die MRSA-Trägerrate der anfänglich MRSA-positiven Patienten auf 56% zurück, ohne Mupirocin-behandlung auf 81% (Harbarth S et al., Antimicrob Agents Chemother 1999, 43:1412). Dieser geringe Effekt war umso erstaunlicher, als beide Gruppen gleichzeitig mit Chlorhexidinwaschungen behandelt wurden. Eine Studie, in der eine alleinige Nasenbehandlung mit einer Nasenbehandlung in Kombination mit Körperwaschungen mit Chlorhexidinlösung verglichen wurde, ergab keinen signifikanten Unterschied. In beiden Gruppen war letztlich die nasale Trägerrate nach einigen Wochen wieder gleich hoch (Watanakunakorn C et al., Am J Infect Control 1995; 23:306). Allerdings war die Studie von der Patientenzahl her nicht umfangreich genug angelegt, um diese Frage mit hinreichender Aussagekraft zu beantworten.

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Tags: intensiv-news hygiene mrsa 

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