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Versorgungsnetzwerk Akutes Koronarsyndrom (NSTEMI/STEMI) Berlin-Südwest


Das Akute Koronarsyndrom (Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt [NSTEMI]/ST-Streckenhebungsinfarkt [STEMI]) stellt für den Patienten ein lebensbedrohendes Akutereignis dar, bei dem das gewählte Therapiekonzept und dessen zeitkritische Umsetzung unmittelbare Auswirkungen auf die Mortalität, Folgeerkrankungen (und damit Folgekosten) und die Lebensqualität haben. In Berlin sind pro Jahr ca. 15.000-20.000 Bürger von diesem Akutereignis betroffen.
Um den plötzlichen Herztod zu vermeiden und um Folgeschäden mit z. T. hohen Nachsorgekosten zu reduzieren, müssen Patienten mit akutem Koronarsyndrom so früh wie möglich adäquat versorgt werden. Hierzu gehören die richtige Indikationsstellung und die Einleitung und Umsetzung einer schnellstmöglichen leitlinienorientierten Akuttherapie. Bestandteil dieser Akuttherapie ist heute prinzipiell die invasive Koronardiagnostik, möglichst gefolgt von der Intervention, mit dem Ziel, das verschlossene Gefäß schnellstmöglich, vollständig und dauerhaft wieder zu öffnen (meist PCI - wenn technisch nicht machbar: akute ACVB-OP), in minimalem Zeitabstand zur Indikationsstellung.

Obwohl bei STEMI die Akut-PCI die Behandlungsmethode der Wahl darstellt, ist die Thrombolyse für Krankenhäuser ohne Möglichkeit der Koronarintervention eine wichtige therapeutische Möglichkeit, vor allem bei Patienten mit kurzer Symptomdauer (< 2 h) eine medikamentöse Reperfusionstherapie einzuleiten. Damit kann das ansonsten durch Zeitverlust bis zu einer evtl. "Rescue-PCI" unvermeidlich fortschreitende Absterben von Herzmuskelgewebe so gering wie möglich gehalten werden, bzw. kann es im Idealfall ganz verhindert werden (Gersh BJ et al., JAMA 2005; 293:979). Die Lyse stellt jedoch für die Mehrheit der Patienten keine endgültige und ausreichende Therapieoption dar, sondern erfordert die ergänzende Intervention. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass in der ASSENT-4 PCI Studie (ASSENT-4 PCI investigators, Lancet 2006; 367:569) nachgewiesen werden konnte, dass die generell durchgeführte Akut-PCI nach erfolgter Thrombolyse (facilitated PCI) zu einem signifikant vermehrten Auftreten des primären Endpunkts (Mortalität, kardiogener Schock, Auftreten einer Herzinsuffizienz) im Vergleich zur alleinigen Akut-PCI kommt. Daher besteht auch in dieser frühen Post-Infarktphase eine IA Indikation zur Durchführung einer akuten PCI, wenn der Patient innerhalb von 60 Minuten in ein Herzkatheterlabor gebracht werden kann (Van de Werf F et al., Eur Heart J 2003, 24:28, Hamm C et al., Z Kardiol 2004, 93:324, Nallamothu BK et al., Am J Cardiol 2003; 92:824). Entsprechend den ACC/AHA Guidelines sollte die Akut-PCI von erfahrenen Untersuchern durchgeführt werden, die mehr als 200 Koronarinterventionen im Jahr durchführen und davon mehr als 36 Interventionen beim akutem Myokardinfarkt (ACC/AHA Guidelines for the Management of Patients With ST-Elevation Myocardial Infarction 2004; www.americanheart.org). Gelingt dies nicht, muss die Indikation zur Thrombolyse kritisch gestellt werden, da bei einem Teil der Patienten Kontraindikationen zur Thrombolysetherapie bestehen, bzw. die Patienten melden sich zu spät (jenseits der 2. Stunde nach Beginn der Symptomatik), um die Thrombolyse noch sinnvoll einsetzen zu können.

Die Notfallversorgung des Nicht-Streckenhebungsinfarkts im peripheren Krankenhaus bzw. im Notarztwagen beschränkt sich auf Maßnahmen zur Vorbereitung einer eventuellen Intervention, die zumindest bei Patienten mit persistierenden Beschwerden, hämodynamischer oder Rhythmusinstabilität unverzüglich erfolgen muss. Ideal wäre es, die Betroffenen zentral über den organisierten Rettungsdienst zu erfassen und sie unmittelbar in ein Zentrum zu transportieren, das über die Gesamtheit der diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten, einschließlich der Akutintervention, verfügt. Die bestehenden Verhältnisse dafür sind in Berlin günstig, da etwa 65% der Patienten mit akutem Koronarsyndrom über den Rettungsdienst ins Krankenhaus kommen. 35% der Patienten wählen jedoch ungezielt entweder primär den Weg in ein Krankenhaus ihrer Wahl oder sie konsultieren ihren Hausarzt mit der damit unvermeidlichen Verzögerung. (Abbildung 1).

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Tags: intensiv-news kardiologie kornarsyndrom versorgungsnetzwerk berlin 

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