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Antithrombin in der Intensivmedizin


Bis vor einigen Jahren gehörte die Substitution von Antithrombin zur Standardtherapie bei Patienten mit schwerer Sepsis. Dies geschah unter der Vorstellung, dass bei der Mehrzahl der Patienten mit schwerer Sepsis eine disseminierte intravasale Gerinnung (disseminated intravascular coagulation, DIC) vorliege und diese wesentlich an der Entstehung des Sepsis-induzierten Organversagens beteiligt sei. Zusätzlich zur gerinnungshemmenden Wirkung des Antithrombins, die mikrovaskuläre Thrombosen und daraus resultierende Organdysfunktionen verhindern sollte, wird auf der Basis von in vitro-Experimenten und Tierversuchen eine anti-inflammatorische Wirkung postuliert, die jedoch erst bei supranormalen Antithrombin-Spiegeln wirksam zu sein scheint (Totzke G; J Interferon Cytokine Res 2001; 21:1063; Souter PJ; Crit Care Med 2001; 29:134; Oelschlager C; Blood 2002; 99:4015; Koca U; Acta Anaesthesiol Scand 2005; 49:203).

Kleinere Studien zum Einsatz von Antithrombin-Konzentraten bei schwerer Sepsis hatten zwar keine signifikante Erhöhung der Überlebensrate gezeigt, Laboreffekte auf die Gerinnungsaktivierung und Entzündungsparameter waren jedoch in manchen Studien sichtbar. Ein Teil dieser Studien übernahm die übliche klinische Praxis, einen Antithrombin-Spiegel im Normalbereich zu erhalten (Blauhut B; Thromb Res 1985; 39:81; Balk R; Semin Thromb Hemost 1998; 24:183; Inthorn D; Shock 1997; 8:328). Andere Studien zielten auf supranormale Antithrombin-Spiegel (Fourrier F; Chest 1993; 104:882; Eisele B; Intensive Care Med 1998; 24:663; Baudo F; Intensive
Care Med 1998; 24:336).

Mit der KYBERSEPT-Studie (Warren BL; JAMA 2001; 286:1869) wurde schließlich eine randomisierte, Placebo-kontrollierte Doppelblind-Studie ausreichender Größe durchgeführt zur Prüfung der Hypothese, dass eine Anhebung des Antithrombin-Spiegels auf supranormale Spiegel zu einer Erhöhung der Überlebensrate bei schwerer Sepsis führe. Enttäuschenderweise fand sich in der Zielpopulation keine Erhöhung der Überlebensrate. Subgruppen-Analysen der KYBERSEPT-Studie zeigten einen geringen Überlebensvorteil (36,9% vs. 40,7% Letalität) bei Patienten im SAPS-II-Stratum II, die keine medikamentöse Thromboembolie-Prophylaxe mit Heparin erhalten hatten, während dieser Vorteil bei Patienten im SAPS-II-Stratum I und III, und bei Patienten, die Heparin zur Thromboembolie-Prophylaxe erhielten, nicht nachweisbar war, wie von Wiedermann in einer rezenten Publikation dargelegt (Crit Care Med 2006; 34:285).

Eine Therapie mit rekombinantem aktiviertem Protein C (Drotrecogin alfa (aktiviert)) führte hingegen in der PROWESS-Studie bei Patienten mit schwerer Sepsis zu einer Verbesserung der Überlebensrate (Bernard GR, N Engl J Med 2001; 344:699). Ein wichtiges Ergebnis dieser Studie war, dass nur ein Teil der Patienten mit schwerer Sepsis tatsächlich die Kriterien einer DIC erfüllt. In einer ersten Auswertung erfüllten nur 22,4% (Ely EW; Crit Care Med 2003; 31:12), in einer späteren Auswertung unter Verwendung modifizierter Kriterien 28,9% (Dhainaut JF; J Thromb Haemost 2004; 2:1924) der Patienten mit schwerer Sepsis die Kriterien einer "overt DIC". Bei den Patienten mit DIC führte die Therapie mit Drotrecogin alfa (aktiviert) zu einer deutlichen Verbesserung der Überlebensrate. In einer anderen Studie lag die Prävalenz der DIC unter den Patienten mit schwerer Sepsis bei 34% (Bakhtiari K; Crit Care Med 2004; 32:2416).

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Tags: intensiv-news sepsis antikoagulation antithrombin 

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