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Nierenersatztherapie beim akuten Nierenversagen auf der Intensivstation

Kontinuierlich oder (doch wieder) intermittierend?


Seit Ende der 70er Jahre stehen neben der intermittierenden Dialysetherapie verschiedene kontinuierliche Therapieformen, die sich aus der kontinuierlich-arteriovenösen Hämofiltration (CAVH) entwickelt haben, für die Behandlung des akuten Nierenversagens (ANV) zur Verfügung. Pumpenunterstützte Therapieformen wie die CVVH, CVVHD oder die CVVHDF verbinden die Vorteile der Kontinuität mit einer hohen Effektivität in der Elimination harnpflichtiger Substanzen. Nachdem zunächst die intermittierende Hämodialyse jahrzehntelang als Goldstandard für die Behandlung des ANV galt, wurde sie auf vielen Intensivpflegestationen vollständig durch die kontinuierlichen Nierenersatzverfahren verdrängt. Nachdem in den letzten Monaten zwei weitere große Untersuchungen zur Nierenersatztherapie bei Patienten auf der Intensivstation veröffentlicht wurden (Vinsonneau C et al., Lancet 2006; 368:379, Saudan P. et al., Kidney Int 2006; 70:1312), ist es Ziel dieses Beitrages, den Stellenwert und den Einfluss der Wahl des Therapieverfahrens auf den Verlauf des ANV beim Schwerkranken auf der Intensivstation kritisch einzuordnen.

Auswirkungen der unterschiedlichen Therapieverfahren auf Hämodynamik und Flüssigkeitshaushalt

Bei der intermittierenden Dialyse sind behandlungsassoziierte Schwankungen der Elektrolyt- und Flüssigkeitsbilanz unvermeidbar, da während eines kurzen Zeitraumes überschüssiges Wasser und Elektrolyte eliminiert werden müssen. Daher galt bisher eine hämodynamische Instabilität bei MODS-Patienten als Hauptindikation für den Einsatz kontinuierlicher Verfahren, obwohl auch prospektive Studien eine vergleichbare hämodynamische Stabilität beider Behandlungsmöglichkeiten gezeigt haben (Misset B et al., Intensive Care Med 1996; 22:742, Ühlinger DE, Nephrol Dial Transplant 2005; 20:1630). Entscheidend ist allerdings, dass bei einem solchen Vergleich der Schweregrad der Begleiterkrankungen einbezogen wird, der in den beiden letztgenannten Studien im Vergleich zu anderen Studien eher niedrig lag. Die vor einigen Wochen veröffentlichte französische Multizenterstudie bei Patienten mit hohem Schweregrad des begleitenden MODS ergab ebenfalls keinen Hinweis auf einen Vorteil eines der Behandlungsverfahren, bezogen auf die Hämodynamik. Voraussetzung war ein ausgeklügeltes Dialyseverfahren, welches die wesentlichen Möglichkeiten zur Vermeidung des Blutdruckabfalls unter der intermittierenden Behandlung berücksichtigte (Vinsonneau C et al., Lancet 2006; 368:379).

Die positiven Erfahrungen mit der intermittierenden Dialyse bedürfen aber sicher der weiteren Überprüfung. Ähnliche Versuche, mittels fehlendem Aderlass, gekühltem Dialysat oder intensivem Training des Personals die negativen hämodynamischen Auswirkungen der Dialyse zu reduzieren, konnten in anderen Zentren nicht mit durchschlagendem Erfolg eingesetzt werden. Auffällig war die Tatsache, dass im Verlauf der Studie die hämodynamischen Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Dialyse deutlich abnahmen (Lerneffekt?). Die Daten stehen somit im Gegensatz zu anderen Untersuchungen und vor allem zu der klinischen Einschätzung von Nephrologen und Intensivmedizinern, dass es eine Gruppe von Schwerkranken mit ausgeprägt schlechter Prognose gibt, die aufgrund ihrer Instabilität nicht mit einem intermittierenden Verfahren behandelt werden können (Lameire N et al., Lancet 2005; 365:417 Kierdorf HP, Nephrologe 2006; 1:88).

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Tags: intensiv-news nephrologie nierenersatztherapie kontinuierlich intermittierend 

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