INTENSIV-News
Die Entwicklung eines Multiorgandysfunktionssyndroms (MODS) ist eine
häufige Komplikation bei Patienten mit schwerer Sepsis bzw. septischem
Schock. Dabei ist die Sauerstoffverfügbarkeit des kardiorespiratorischen
Systems eingeschränkt. Dies beinhaltet systemische Einschränkungen des
kardiozirkulatorischen Systems (z.B. arterielle Hypotension), Störungen
der regionalen Organdurchblutung und Mikrozirkulationsstörungen. Die
konsekutive Gewebehypoxie stellt einen wesentlichen pathopysiologischen
Faktor in der Entwicklung des MODS dar. Ziel der Kreislauftherapie der
Sepsis ist daher die Aufrechterhaltung bzw. Gewährleistung einer
adäquaten zellulären Sauerstoffversorgung durch Optimierung der
myokardialen Vorlast, der myokardialen Pumpleistung und durch
Erythrozytentransfusion sowie Sicherstellung eines adäquaten
Perfusionsdruckes (Meier-Hellmann: Anästhesiologie & Intensivmedizin
2000; 41:601).
In der Praxis stellt sich die Frage, was "adäquat" in Bezug auf
Sauerstoff-Versorgung bzw. -Angebot bedeutet. Dies wird dadurch
kompliziert, dass im septischen Schock auch Störungen in der
Organdurchblutung und der Mikrozirkulation auftreten, deren Funktion
nicht direkt überwacht werden kann. Dieses prinzipielle Problem in der
Behandlung intensivmedizinischer Patienten wurde in der Vergangenheit
zunächst durch das Prinzip des supranormalen Sauerstoffangebots zu
umgehen versucht (Shoemaker: Arch Surg 1973; 106:630). Dabei wurde durch
aggressive Volumen- und Katecholamingabe ein Sauerstoffangebot von
mindestens 600 ml/min/m2 bzw. ein Herzindex von mindestens 4,5 l/min/m2
angestrebt. Trotz einiger positiver Studienergebnisse zeigte dieses
Konzept in Studien mit großer Fallzahl keinen Vorteil bzw. war sogar
nachteilig in Bezug auf das Überleben der Patienten (Hayes: N Engl J Med
1994; 330:1717; Gattinoni: N Engl J Med 1995; 333:1025).
Die Gründe für das Scheitern dieser Form der Kreislauftherapie sind
vielfältig: Ein wesentlicher Punkt wird im verzögerten Beginn der
Therapie gesehen, da die Patienten meist erst 24-48 Stunden nach
Aufnahme auf die Intensivstation dieser Behandlung zugeführt wurden. Bei
vielen Patienten war das angestrebte hämodynamische Ziel zudem nicht zu
erreichen gewesen. Viele Patienten erhielten eine unnötig aggressive
Volumen- und Katecholamintherapie, obwohl ein niedrigeres O2-Angebot
vielleicht ausreichend gewesen wäre. Somit stellte das supranormale
Sauerstoffangebot eher ein Maß für die kardiozirkulatorische Reserve dar
als ein Maß für die Adäquatheit der Gewebesauerstoffversorgung. Dem
Konzept fehlte ein patientenspezifischer Endpunkt, nach dem sich die
Kreislaufstabilisierung ausrichten konnte.
Ungeachtet dieser aus nachvollziehbaren Gründen nicht erfolgreichen
Therapie belegen eine Reihe von Studien und physiologische
Grundprinzipien, dass die Messung der zentralvenösen Sauerstoffsättigung
und die Orientierung der Kreislauftherapie an diesem Parameter eine
patientenindividuelle Therapieoptimierung zu Gunsten eines adäquaten
Verhältnisses von O2-Angebot und O2-Verbrauch erlaubt (Rady: Am J Emerg
Med 1992; 10: 538; Rady: Am J Emerg Med 1996; 14:218).
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