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Kann man auf die Bauchlagerung verzichten?


Effects of systematic prone positioning in hypoxemic acute respiratory failure: a randomized controlled trial.

Guerin C, MD; Gaillard S, MD; Lemasson S, MD, et al.                                                                                                     JAMA 2004; 292:2379-87


In dieser großangelegten multizentrischen Studie kommen Guerin und Mitarbeiter zu dem Schluss, dass die Bauchlagerung für Patienten mit akutem Lungenversagen zu keinem Überlebensvorteil führt. Komplikationen, wie Tubusobstruktionen oder Hautdefekte, waren häufiger in der Bauchlagerungsgruppe, lediglich die Inzidenz der respiratorassoziierten Pneumonie war geringer. In Zusammenschau mit der vor einiger Zeit von Gattinoni publizierten, ähnlich angelegten Arbeit (NEJM 2001; 345: 568) könnte nun also das Thema aufgrund dieser beiden bestens publizierten, prospektiven, randomisierten Multizenterstudien unter Rubrik "Evidenz A" ad acta gelegt werden. Der hohe Aufwand, der mit der Bauchlagerungstherapie kritisch kranker Patienten mit schwerem Lungenversagen verbunden ist, könnte offenbar, weil sinnlos, eingespart werden. Allerdings gibt es auch die (unter anderem die von Luciano Gattinoni selbst privat geäußerte) Meinung, dass es - in Anbetracht der limitierten Verwertbarkeit der Aussage aufgrund von Problemen im Design und der Durchführung beider Studien - schade ist um den getriebenen Aufwand und die hohe inkludierte Patientenzahl. Warum?

Die wesentliche Frage, die es zu stellen gilt, ist, warum eine Bauchlagerung zumindest theoretisch zu einem Überlebensvorteil führen könnte. Die Bauchlagerung verbessert bei einem Großteil der Patienten den Gasaustausch, was hinlänglich bekannt und nachgewiesen ist. Es kommt in der Regel zu einer – manchmal dramatischen – Verbesserung der Oxygenierung, jedoch auch zu einer Verbesserung der Ventilation und des Recruitment von Alevolarfläche, was zu einer verbesserten Compliance und zu einem Absinken des PaCO2 führen kann (Pelosi, Eur Respir J 2002; 20:1017). Es gibt nun zwei Überlegungen, wie diese Effekte zu einer Verbesserung des Outcomes führen könnten: Erstens als "rescue" – Maßnahme bei schwer hypoxischen Patienten, die der Gefahr eines hypoxämischen Multiorganversagens unterliegen. Gattinoni hat in seiner Arbeit einen Überlebensvorteil für die Gruppe der Patienten mit einer initialen PaO2/FiO2 - Ratio von < 89 nachweisen können. Zweitens als Maßnahme, die erlaubt, die Invasivität der Beatmung zu reduzieren und damit – entsprechend den Kriterien der "permissiven Hyperkapnie" bzw. des "open lung Konzepts" mit niederigen Tidalvolumina und entsprechend hohem PEEP – einen Überlebensvorteil zu erzielen (Amato, NEJM 1998; 338:347 und NEJM 2000; 342:1301). Gattinoni hat in einer Nachfolgearbeit die Patienten in der Bauchlagerungsgruppe im Hinblick auf den Effekt auf den PaCO2 ausgewertet und zeigen können, dass die Patienten, bei denen es gelingt, die Hyperkapnie (d.h. die Ventilation) durch Bauchlage zu verbessern, signifikant häufiger überleben.

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Tags: intensiv-news lagerungstherapie bauchlagerung 

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