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Fieber an der Intensivstation


Definition von normaler und erhöhter Temperatur

Die Temperatur gesunder Erwachsener schwankt mit einem zirkadianen Rhythmus im Ausmaß von 0,5 bis 1,0 °C (Minimum um ca. 6:00, Maximum um 16:00 Uhr). Bei Frauen liegt die Temperatur in der zweiten Zyklushälfte zirka 0,5 °C höher im Vergleich zur ersten. Mit zunehmendem Alter wurde eine Abnahme der mittleren Körpertemperatur um bis zu 0,5 °C beschrieben. Temperaturunterschiede wurden auch zwischen Schlaf- und Wach-Zustand, sowie zwischen Fasten und postprandialem Zustand beschrieben. Messergebnisse variieren darüber hinaus je nach Mess-Ort und -Methode.

Normaltemperatur und Fieber sind dementsprechend variabel und unscharf definiert. Lehrbücher der Physiologie und Medizin geben Grenzwerte zwischen 37,1 und 38,0 °C an. Erhöhte Temperatur im strengeren Sinne wird häufig als  38 °C definiert. Mackowiak hat bei jungen Gesunden bei oraler Messung als obere Grenzwerte 37,2 °C um 6:00 Uhr und 37,8 °C um 16:00 Uhr erhoben. Die US-amerikanische Society of Critical Care Medicine definierte 1998 Fieber, das zu weiteren Maßnahmen führen sollte, als  38.3 °C, gemessen an einem anderen Ort als kutan/axillär.

Temperaturmessung

Als Referenzwert für die Körperkerntemperatur gilt bei Intensivpatienten allgemein die Temperatur in einem großen herznahen Blutgefäß. Die Temperaturmessung mittels Infrarotlicht im äußeren Gehörgang liegt im Allgemeinen nur wenige Zehntelgrad unter der Kerntemperatur. Sie liefert reproduzierbare Werte auf nichtinvasive Weise. Die rektale Messung ist nicht frei von Risiken, Messwerte können hier auch höher liegen als in der Pulmonalarterie. Messungen in der Axilla unterschätzen die Kerntemperatur, meist beträchtlich. Axilläre Messungen sind auch schlecht reproduzierbar. Vergleiche von Temperaturmessungen an verschiedenen Körperpartien (Rektum, Mund, Axilla, zentrales Gefäß, Harnblase, Gehörgang) zeigen eine beträchtliche interindividuelle Streubreite. Temperaturen können beim selben Menschen in beide Richtungen in einem Ausmaß bis zu 2,5 °C divergieren. Die Relation der Temperaturen zwischen verschiedenen Messorten ist somit im Einzelfall variabel und nicht berechenbar.

Pathophysiologie

Entzündungszellen (vor allem Monozyten, Neutrophile und Lymphozyten) und das Endothel setzen nach Aktivierung pyrogene Zytokine frei. Dies sind vor allem die Interleukine 1 und 6, Tumornekrosefaktor alpha, die Interferone alpha und gamma, Ziliärer Neurotroper Faktor und wahrscheinlich noch weitere. Fieber ist somit genau genommen Ausdruck von Inflammation, und nicht von Infektion. Die pyrogenen Zytokine binden an Rezeptoren im vorderen Hypothalamus. Dies aktiviert Phospholipase A2, welche Arachidonsäure aus Membranphospholipiden freisetzt. Arachidonsäure wird von Zyklooxygenasen zu Prostaglandin E2 katalysiert, welches über den PGE2-Rezeptor Typ 3 thermostatische Neurone im vorderen Hypothalamus aktiviert. Die wesentlichen Effektormechanismen für eine Umsetzung der angestrebten Temperaturerhöhung sind kutane Vasokonstriktion, erhöhte Stoffwechselrate und Muskelzittern. Umgekehrt kann Wärme verstärkt durch Vasodilatation, Schwitzen und evtl. Abatmen abgegeben werden. Fieber im engeren Sinne ist eine Temperaturerhöhung dann, wenn sie durch Vorgabe des hypothalamischen Thermostaten bedingt ist. Im Gegensatz dazu bezeichnet "Hyperthermie" eine Temperaturerhöhung, die über der Vorgabe des Thermostaten liegt. Bei Hyperthermie ist die Temperatur Ausdruck eines Missverhältnisses zwischen Wärmeproduktion und Wärmeabgabe. Hyperthermie tritt typischerweise nach intensiver körperlicher Beanspruchung unter hohen Außentemperaturen auf, im Extremfall als Hitzschlag mit Multiorganschädigung. Begünstigend wirken erhöhter Sympathotonus bzw. anticholinerge Mediatoren (z. B. Psychopharmaka). Extreme Sonderformen der Hyperthermie, mit hoher Mortalität, sind die Maligne Hyperthermie (genetisch bedingte abnorme Ca-Freisetzung in Muskeln, getriggert typischerweise durch bestimmte Narkosemedikamente) und das Maligne Neuroleptika-Syndrom zum Beispiel nach Haloperidol.

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Tags: intensiv-news fieber fiebersenkung infektionen 

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