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Immuntherapie der Sepsis


Grundlagen

Die Vorstellungen zur Pathogenese der Sepsis waren in den letzten Jahrzehnten von der Annahme bestimmt, dass dieses Syndrom Ausdruck einer exzessiven, durch Infektion ausgelösten Entzündungsreaktion ist. Tierexperimentell war gezeigt worden, dass bei schwerer Infektion durch intravenöse Verabreichung von Bakterien eine massive Aktivierung von entzündlichen Kaskaden ausgelöst wird, welche für Morbidität und Mortalität verantwortlich ist. Passend zu dieser Hypothese testeten seitdem über vierzig klinische Studien die Wirksamkeit antiinflammatorischer und immunmodulierender Stoffe bei Patienten mit Sepsis (Tabelle 1).

Spätere Untersuchungen zeigten dann, dass Patienten mit Sepsissyndrom zusätzlich auch Hinweise auf das Bestehen eines antiinflammatorischen Zustandes haben, der durch erhöhte zirkulierende Spiegel antiinflammatorischer Zytokine und Zytokininhibitoren charakterisiert ist, und mit zellulärer Hyporeagibilität einhergeht, in welcher immunkompetente Zellen nicht mehr im Stande sind, auf Stimulation hin Entzündungsmediatoren freizusetzen. Es wurde zusammengefasst, dass das erste Antwortmuster bei klinischer Sepsis durch Hyperinflammation auf systemischer Ebene gekennzeichnet ist, auf welche später eine Phase von Hyporeagibilität und Immunparalyse folgt. Die erste inflammatorische Phase kann zwar kurz sein aber trotzdem zum Tod führen. Die zweite refraktäre Phase hält meist deutlich länger an. In neueren klinischen Studien war daher versucht worden, die Immunfunktionen des Patienten nach dem Überleben der initialen Sepsisphase therapeutisch wieder herzustellen.

Mediatoren

Das Zytokinnetzwerk kann grob in einen proinflammatorischen und einen antiinflammatorischen Arm unterteilt werden. Herausragende proinflammatorische Zytokine sind Tumor Nekrose Faktoralpha (TNF) und Interleukin (IL)-1. Antiinflammatorische Zytokine, von denen IL-10 am besten untersucht ist, können die Synthese proinflammatorischer Zytokine hemmen und direkte antiinflammatorische Wirkungen auf verschiedene Zelltypen ausüben. Die Wirkung proinflammatorischer Zytokine kann außerdem durch natürlich auftretende soluble Hemmer antagonisiert werden, wie z.B. soluble TNF-Rezeptoren Typ I und Typ II, die TNF inhibieren, oder soluble IL-1 Rezeptor Typ II und IL-1 Rezeptor Antagonist Moleküle, die die IL-1 Aktivität hemmen. Plasmaspiegel von Zytokinen schwanken bei Sepsispatienten stark. Oft können proinflammatorische Zytokine nur bei einem Teil der Sepsispatienten nachgewiesen werden. Antiinflammatorische Zytokine und soluble Hemmer sind jedoch bei praktisch allen Patienten mit Sepsis, ja sogar bei gesunden Individuen in Zirkulation messbar. In verschiedenen Modellen zur Sepsis erschien zuerst TNF in Zirkulation, mit dem Maximum nach circa neunzig Minuten. Andere proinflammatorische Zytokine werden kurz nach TNF freigesetzt. Antiinflammatorische Mediatoren, besonders IL-10, IL-1-Rezeptorantagonist und soluble TNF-Rezeptoren, werden ebenfalls schon bald nach dem TNF Anstieg freigesezt.

Antiinflammatorische Intervention

Monoklonale TNF-Antikörper erzeugten bei Affen eine Schutzwirkung gegenüber tödlicher gramnegativer Bakterienbelastung. Auch die Neutralisation von Interleukin-1-Aktivität durch Verabreichung von rekombinantem IL-1- Rezeptorantagonisten reduzierte experimentell die Letalität von Endotoxin oder Bakterien. Diese Beobachtungen bildeten den Ausgangspunkt für klinische Studien, in denen versucht wurde, TNF und Interleukin-1 zu antagonisieren. Interleukin-10 stellt einen wichtigen autoregulatorischen Mechanismus dar, der die Produktion proinflammatorischer Zytokine und Endotoxintoxizität in vivo kontrolliert und ist daher ebenfalls von klinischem Interesse. Die Zahl der Sepsispatienten, die bis heute in klinischen Prüfungen mit entzündungshemmenden Mitteln eingeschlossen wurden, liegt bei über 15.000.

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Tags: intensiv-news sepsis inflammation immuntherapie immunsuppressiva 

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