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KDIGO: Glomerulonephritisleitlinien


Glomerulonephritiden (GN) stellen ein weltweites Gesundheitsproblem dar. Bei 11% der inzidenten und 16% der prävalenten Dialysepatienten 2009 in Österreich wurde eine GN als renale Grundkrankheit angegeben (Jahresbericht 2009, www.nephro.at). Doch diese Zahlen unterschätzen vermutlich die psychologische, individuelle und sozioökonomische Bedeutung, da die meisten GN in einem sehr produktiven Lebensabschnitt auftreten, nämlich zwischen der 2. und der 5. Dekade. Insofern haben GN, vor allem, wenn es zu einer Progression zur end-stage renal disease (ESRD) kommt, aber auch durch die häufig nebenwirkungsreiche und auch kostenintensive Therapie, eine verheerende Auswirkung auf den individuellen Patienten, seine/ihre Familie und die Gesellschaft. Aufgrund dessen ist die Erzielung einer Remission, die Erhaltung der Nierenfunktion und die Verhinderung der Progression ein Hauptziel verschiedener nephrologischer Gesellschaften. Zu diesem Zwecke hat das KDIGO (Kidney Disease: Improving Global Outcomes)-Board im Dezember 2008 beschlossen, Evidenz-basierte Leitlinien zur Diagnose, Bewertung, Klassifizierung, Vorbeugung und Behandlung verschiedener GN zu erstellen. Im Rahmen der Renal Week 2010 in Denver, Colorado im November 2010 stellten Mitglieder des KDIGO GN-Boards die Leitlinien zu den ersten GN vor, nämlich zur IgA-Nephropathie (IgA), Membranöser Glomerulonephritis (MN) und Minimal Change Disease/Fokalsegmentaler Glomerulosklerose (MCD/FSGS) beim Erwachsenen und bei Kindern. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die Empfehlungen und Vorschläge in diesem Artikel fett gedruckt hervorgehoben. Die ihnen zugrundeliegenden Überlegungen und Daten aus Studien werden im Detail erläutert, wobei hier nur auf die Leitlinien zur Behandlung Erwachsener eingegangen werden soll.

Kidney Disease: Improving Global Outcomes

Im Allgemeinen verfolgen die durch KDIGO erstellten Leitlinien nicht den Zweck, starre Behandlungsstandards zu definieren, sondern vielmehr den aktuellen Wissensstand zu reflektieren und diesen nach den Regeln der Evidenz-basierten Medizin zu bewerten. Dadurch sollen dem behandelnden Arzt sowie dem Patienten Informationen zur Verfügung gestellt werden, die die Entscheidungsfindung bzgl. Diagnos­tik oder Therapie erleichtern. Die Leitlinien werden in einem Zwei-Stufen-Prozess graduiert, nämlich nach der Stärke der Empfehlung und nach der Qualität der Evidenz. Die Stärke der Empfehlung wird entweder als „Stufe 1“ definiert („wir empfehlen“) oder als „Stufe 2“ („wir schlagen vor“). Eine Empfehlung der Stufe 1 impliziert, dass vermutlich die meisten Patienten diesem Vorschlag folgen würden, die Ärzte diese Therapie den meisten Patienten verordnen sollten und dieser Vorschlag als Richtlinie vermutlich für die meisten Sitationen angewandt werden kann. Hingegen bedeutet eine Empfehlung der Stufe 2, dass Patienten und Ärzte verschiedene Ansätze aufgrund unterschiedlicher Ausgangssituationen evaluieren und je nach den individuellen Gegebenheiten, Wertvorstellungen und Präferenzen entscheiden sollten. Eine Richtlinie aufgrund einer Empfehlung der Stufe 2 kann erst nach weiteren Diskussionen erstellt werden. Die Qualität der Evidenzbewertung wird in 4 Stufen eingeteilt von A (hoch), B (moderat), C (niedrig) bis D (sehr niedrig). Aufgrund der Kombination der Stärke der Empfehlung und der Qualität der Evidenzbewertung entstehen Kombinationen von 1A (starke Empfehlung, hohe Qualität der Evidenz) bis hin zu 2D (schwache Empfehlung, niedrige Qualität der Evidenz, de facto „expert opinion“). Zusätzlich gibt es auch Empfehlungen, die nicht graduiert werden („not graded“). Für Details siehe auch www.kdigo.org.

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Tags: nephro-news nephrologie glomerulonephritis leitlinien 

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