NEPHRO-News
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) gehören weltweit zu den am
meisten verschriebenen Medikamenten. Mehr als 30 Millionen Menschen
nehmen täglich NSAR ein (Singh G, J Rheumatol 56 (Suppl 1):18-24, 1999).
NSAR wirken entzündungshemmend, schmerzstillend und fiebersenkend durch
Suppression der Prostaglandinsynthese via Hemmung der Cyclooxygenase
(COX). Unerwünschte Wirkungen von NSAR betreffen vor allem den
Gastrointestinaltrakt und die Nieren (Gambaro G, J Intern Med 253:643-652, 2003).
NSAR hemmen die beiden Isoenzyme COX-1 und COX-2, die für die
Produktion verschiedener Prostaglandine und Thromboxan verantwortlich
sind (Harris RC, J Cardiovasc Pharmacol 47 (Suppl 1):S37-S42, 2006).
COX-1 reguliert vor allem die renale Hämodynamik und die glomeruläre
Filtrationsrate (GFR), während COX-2 vorwiegend die Ausscheidung von
Salz und Wasser steuert. Die Hemmung von COX-1 und/oder COX-2 können
daher unterschiedliche Funktionen der Niere beeinflussen (Nantel F, FEBS Lett 457:475-477, 1999; Schnermann J, Clin Invest 104:1007-1009, 1999).
COX-Hemmung bei Risikopatienten
Selektive COX-2-Inhibitoren wurden entwickelt, um die Vorteile von NSAR
mit weniger Nebenwirkungen zu kombinieren, allerdings bleiben zunächst
die COX-1-vermittelten unerwünschten Wirkungen. Da COX-2 in
Nierengefäßen, Podozyten, Macula densa und im Interstitium dominiert,
lässt sich herleiten, dass COX-2-Inhibitoren ähnliche renale
Nebenwirkungen hervorrufen können wie traditionelle NSAR (LeLorier J, Can J Cardiol 18:1301-1308, 2002).
Daher gelten für Patienten mit Risikofaktoren für renale Komplikationen
unter Blockade der Prostaglandinsynthese prinzipiell die gleichen
Vorsichtsmaßnahmen bei einer Therapie mit klassischen NSAR und
selektiven COX-2-Inhibitoren. Es gibt allerdings auch Unterschiede.Wie
schon betont, regulieren Prostaglandine (PG) verschiedene
Nierenfunktionen, beispielsweise den glomerulären und medullären
Blutfluss, die Reninsekretion sowie den Salz- und Wassertransport im
dicken Schenkel der Henle´schen Schleife und in den Sammelrohren (Harris RC, J Am Soc Nephrol 11:2387- 2394, 2000).
PGE2 gilt vorwiegend als tubuläres PG und PGI2 vorwiegend als
vaskuläres PG. Arteriolen, Tubuli, interstitielle Zellen und mesangiale
Zellen produzieren allerdings sowohl PGE2 als auch PGI2. Dadurch wird
die funktionelle Zuordnung verschiedener PGs erschwert.
Bei Personen mit normaler renaler Hämodynamik spielen Prostaglandine
keine große Rolle für die Aufrechterhaltung von renalem Blutfluss und
GFR (Weir MR, Clinical Dilemmas 1:3-12, 2000). Dagegen kann es
in klinischen Situationen, wo die renale und systemische Hämodynamik von
der Verfügbarkeit der PG abhängig ist, durch Hemmung der
Prostaglandinsynthese zur Dekompensation der Nierenfunktion kommen. Bei
gesunden Probanden mit Salzdepletion führt die selektive Hemmung von
COX-2 zur Natrium- und Kaliumretention (Rossat J, Clin Pharmacol Ther 66:76-84, 1999).
Bei älteren Patienten mit Beeinträchtigung der Nierenfunktion
verursachen sowohl selektive COX-2-Inhibition als auch nicht-selektive
NSAR eine Reduktion der GFR und eine Reduktion der Ausscheidung von
Natrium, 6-keto-PGF1α und PGE2 mit dem Urin (Whelton A, Arch Intern Med 160:1465-1470, 2000).
Bei älteren Personen mit Hypertonie können selektive COX-2-Inhibitoren
die Bildung von Ödemen und eine Erhöhung des Blutdrucks begünstigen (Whelton A, Am J Cardiol 90:959-963, 2002).
Risikopatienten für unerwünschte Wirkungen von NSAR sind vor allem
solche mit schwerer Leberschädigung, solche mit nephrotischem Syndrom
und solche mit sehr schlechter Nierenfunktion (Brater DC, Am J Med 107:655-705, 1999).
Leberzirrhose mit Aszites repräsentiert eine Situation, bei der die
Nierenfunktion besonders kritisch von verschiedenen PG abhängig ist. Bei
Versuchstieren mit Leberzirrhose und Aszites kam es unter Gabe von NSAR
und auch unter der Gabe des selektiven COX-1-Inhibitors SC-506 zu einer
schweren Beeinträchtigung der Nierenfunktion, nicht aber unter Gabe des
selektiven COX-2-Inhibitors Celecoxib. Diese Daten lassen vermuten,
dass bei fortgeschrittener Zirrhose COX-1-abhängige und nicht
COX-2-abhängige Prostaglandine in die Homöostase der Nierenfunktion
involviert sind (López-Parra M, Br J Pharmacol 135:891-900, 2002).
Bei 28 Patienten mit Zirrhose und Aszites führte eine Kurzzeittherapie
mit Naproxen (500 mg alle 12 Stunden, insgesamt 5 Dosen), nicht aber die
Gabe von Celecoxib (200 mg alle 12 Stunden, insgesamt 5 Dosen) zu einem
signifikanten Abfall von GFR, renalem Plasma-fluss und der renalen
PGE2-Ausscheidung sowie zu einer verminderten diuretischen und
natriuretischen Antwort auf Furosemid. Die Autoren schlossen aus ihren
Untersuchungen, dass bei dieser Patientenpopulation selektive
COX-2-Inhibitoren sicherer seien als nicht-selektive NSAR (Clària J, Hepatology 41:579-587, 2005).
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Tags: nephro-news nephrologie nierenerkrankung cox-hemmung antirheumatika
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