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Steroide bei ZNS-Infektionen


Drug Insight: Steroids in CNS infectious diseases - new indications for an old therapy.

Fitch MT, van de Beek D                                                                                                                                  Nat Clin Pract Neurol 2008; 4:97-104

Department of Neurology, Center of Infection and Immunity Amsterdam, University of Amsterdam, Academic Medical Center, Amsterdam, The Netherlands.

Infectious diseases of the CNS lead to overwhelming inflammatory processes within the brain and spinal cord that contribute substantially to patient morbidity and mortality. Pharmacological strategies to modulate inflammation have been investigated, although the resulting guidelines have sometimes been contradictory. Steroids have been proposed as adjunctive treatments for bacterial meningitis, tuberculous meningitis and herpes simplex virus encephalitis. Well-designed randomized controlled trials have established dexamethasone as an adjunctive therapy for adult patients receiving antibiotics for bacterial meningitis, and physicians prescribing the initial antibiotics need to be aware of current guidelines. Morbidity and mortality in patients with tuberculous meningitis exceeds 50%. Steroid treatments reduce mortality through an as yet unknown mechanism, although their effects on morbidity are less clear. Herpes simplex virus encephalitis is also associated with considerable morbidity and mortality. Despite a lack of randomized trials, there is some evidence that steroids used along-side antiviral therapy might be beneficial in this condition. As we discuss in this Review, systemic steroid treatment is an important aspect of treatment regimens for CNS infectious diseases, and the recent literature provides guidelines for the use of steroids in combination with appropriate antimicrobial therapy.


Meningitis und Enzephalitis sind typische neurologisch intensivmedizinische relevante Notfälle mit hoher Letalität und Langzeitmorbidität, auch trotz appropriater antimikrobieller Chemotherapie. Einer der wesentlichen Gründe liegt darin, dass im „Kompartment“ Gehirn und Rückenmark Inflammation kaum toleriert wird; es sind vor allem die inflammatorischen „responses“ auf bakterielle oder virale Infektionen, die zur Morbidität und Mortalität substanziell beitragen (Fitch MT and Silver J, Exp Neurol 2008; 209:294; Ködel U; Lancet Inf Dis 2002; 2:721).

Pharmakologische, vermutlich auch nicht pharmakologische Therapiestrategien, die frühzeitig diesen „inflammatorischen burst“ einschränken oder begrenzen, dürften als adjuvante Therapiestrategien bei Patienten mit einer ZNS-Infektion wohl von Nutzen sein, wie kürzlich publizierte Studien gezeigt haben (van de Beek, D; Lancet Neurol 2007; 6:203; van de Beek D and de Gans J, Drugs 2006; 66:415, Meyding Lamade UK; J Neuro Virol 2003; 9:118; Jubelt B, Curr Neurol Neurosci Rep 2006; 6:451).

MT Fitch und van de Beek D haben nun die bisher bekannte Literatur, insbesondere alle prospektiven, randomisierten Studien zu den Themenkomplexen Steroide bei bakterieller Meningitis, Steroide bei Herpes Simplex Virus I Encephalitis und Steroide bei ZNS-Tuberkulose (tuberkulöser Meningitis) in einem sehr lesenswerten Review in Nature Neurology analysiert und ausführlich dargestellt.

Steroide bei bakterieller Meningitis

Die Inzidenz der bakteriellen Meningitis beträgt in europäischen Ländern zwischen 2 und 6/100.000/Jahr, in tropischen Ländern oft ein Vielfaches davon. Die existierende Datenlage zeigt eindeutig, dass Dexamethason bei Kindern mit Haemophilus influenzae Typ B Meningitis die Inzidenz von schwerer, postmeningitischer Hypakusis/ Anakusis senkt (Quagliarello VJ and Scheld WM; N Engl J Med 1997, 336:708). Im Jahr 2002 zeigten de Gans et al., dass Dexamethason auch bei erwachsenen Patienten mit bakterieller Meningitis das Risiko von neurologischen Langzeitfolgen und Tod senkte, bei Pneumokokkenmeningitis wurde die Letalität von 34 auf 14% reduziert. Steroid-induzierte Komplikationen wurden nicht beobachtet, die Dosis von Dexamethason war 4x10 mg täglich für 4 Tage, wobei die erste Dosis unmittelbar vor oder zumindest gleichzeitig mit der ersten Antibiotikadosis verabreicht wurde (de Gans J; N Engl J Med 2002; 347:1549).

In dem hier vorgestellten Review wurden Studien mit insgesamt 2750 Erwachsenen und Kindern inkludiert, bei denen Dexamethason eine statistisch hoch signifikante Reduktion der Sterblichkeitsrate, von Hörverlust und von neurologischen Langzeitschäden erzielte. Die Autoren diskutieren in einem sehr ausführlichen Abschnitt mit der Überschrift „continuing controversies“ sehr klar, dass sich diese Zahlen auf europäische bzw. nordamerikanische Patienten mit einer durch Haemophilus influenzae Typ B, oder Streptococcus pneumoniae bedingten bakteriellen Meningitis beziehen. Dies erscheint insbesondere im Lichte der vor wenigen Monaten publizierten neuesten Ergebnisse von zwei prospektiven, randomisierten Studien aus dem südlichen Afrika (Scarborough M; N Engl Med 2007; 357: 2441) bzw. Vietnam (Nguyen TH; N Engl J Med 2007; 357:2441) von großer Bedeutung. Die Autoren kommen zum Schluss, dass Dexamethason (4 x 10 mg/Tag, durch 4 Tage hindurch, erste Dosis unmittelbar vor der ersten Antibiotikagabe) bei Kindern und bei Erwachsenen (insbesondere mit Pneumokokkenmeningitis) in „high income countries“ verabreicht werden soll. Die gegenwärtige Datenlage spricht dafür, dass bei Patienten aus „low income countries“ dieser Nutzen einer adjuvanten Dexamethasontherapie nicht existiert.

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Tags: intensiv-news infektiologie infektionen zns steroide 

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