Themen der aktuellen Ausgaben

 

Selen bei Sepsis und Multiorganversagen


Seit Mitte des vorletzten Jahrhunderts gilt Selen als essentielles Spurenelement. K. Schwarz und Mitarbeiter konnten im Tierversuch zeigen, dass Vitamin E durch Selen in der Nahrung ersetzt werden kann, um oxidative Organschäden zu vermeiden. Seither wurden dem Selen vorwiegend antioxidative Wirkungen zugeschrieben. Heute wissen wir, dass Selen selbst keine direkte antioxidative Wirkung hat, weder das pharmakologische Natrium-Selenit noch das mit der Nahrung zugeführte Selenmethionin oder Selenocystein. Diese Selenverbindungen werden metabolisiert und als Selenocystein, der 21. proteogenomischen Aminosäure, in das aktive Zentrum von bisher 25 bekannten und klonierten Selenoenzymen eingebaut [Kryukov GV: Science 2003; 300:1439]. Diese sind hauptsächlich für die Homöostase der Redoxsysteme im Plasma, Zytosol und Zellkern aller Organe, den Metabolismus der Schilddrüsenhormone und insbesondere aber auch für die Regulation von Transkriptionsfaktoren, wie dem NFkB verantwortlich.

Bei jeder systemischen Entzündungsreaktion (SIRS) und vor allem der schweren Sepsis und septischem Schock werden Stoffwechselvorgänge aktiviert, die eine vermehrte Sauerstoffradikalen-Bildung (Hydrogenperoxyde und Superoxyde) zur Folge haben; diese spielen eine wesentliche Rolle bei der Organschädigung. Zudem aktivieren Sauerstoffradikale (ROS) den Transkriptionsfaktor NFkB, der die Synthese und Freisetzung von vielen inflammatorischen Zytokinen induziert. Die selenabhängigen Glutathionperoxidasen (GPx) und Thioredoxinreduktasen (TrxR) können diese Sauerstoffradikale und damit auch die Translokation von NFkB reduzieren. Nahezu alle der über die "toll-like receptors" (TLR) vermittelten Aktivierungen von mehr als 500 Genen in immunkompetenten Zellen stehen unter der regulativen Kontrolle von ROS [Thimmulappa RK: J Clin Invest 2006; 116:984].

Es konnte kürzlich auch gezeigt werden, dass Selenoprotein P (SePP), das zu etwa 70% die Hauptmenge des im Plasma gebundenen Selens ausmacht, an Endothelzellen gebunden werden kann (Abbildung 1). SePP dient nicht nur als "Lieferant" von Selen, sondern es kann die Endothelzellen direkt vor einer oxidativen Schädigung oder deren Aktivierung durch TGFb schützen [Steinbrenner H: Free Rad Res 2006; 936].

Darüber hinaus sind Selenoenzyme für die Funktion der Immunabwehr selbst offenbar bedeutsam. Phagozytose, Chemotaxis, Lymphozytenproliferation, Natural-Killerzell-Aktivität und Antikörpersynthese werden durch eine Selensubstitution positiv beeinflusst.

Melden Sie sich an um weiter zu lesen ...

Tags: intensiv-news sepsis multiorganversagen selen 

© Medicom VerlagsgmbH

 
Medicom

Wir wollen Fachärzte und Pfleger topaktuell und wissenschaftlich fundiert über Studien, fachspezifische Entwicklungen und deren praktische Umsetzung informieren, um sie in ihrer Arbeit und Fortbildung zu unterstützen.

Wählen Sie dazu bitte Ihr Land aus.

  • ÖsterreichÖsterreich
  • ÖsterreichDeutschland
  • ÖsterreichSchweiz
  • ÖsterreichAndere