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Hat Lidocain noch einen Stellenwert in der Intensiv- und Notfallmedizin?


Bis vor kurzem wurde in verschiedenen Lehrbüchern über erweiterte Reanimation und von verschiedenen Gesellschaften, unter anderem dem European Resuscitation Council (BMJ 1998; 316:1863-69) und der European Society of Cardiology (Eur Heart J 1998; 19:1140-64), Lidocain zur Behandlung monomorpher ventrikulärer Tachykardien und zur Behandlung therapierefraktären Kammerflimmerns empfohlen. Dies ist deshalb bemerkenswert, weil es einerseits schon lange nicht mehr der an vielen Zentren geübten Praxis entspricht, zum anderen deshalb, weil dafür in der Literatur keine harten Daten zu finden sind.

Abbildung 1 zeigt in Gegenüberstellung mehrerer Studien zu Lidocain die Konversionsraten bei monomorpher ventrikulärer Tachykardie. Die Konversionsraten von monomorphen ventrikulären Tachykardien lagen für Lidocain in den meisten Studien lediglich zwischen 8-21% (Abb. 1). Eine einzige Studie fand eine Konversionsrate von 33% (Abb. 1). Eine Konversionsrate wie für Ajmalin, Procainamid oder Sotalol konnte durch Lidocain in keiner der genannten Studien erreicht werden. Die Konversionsraten für die drei erstgenannten Substanzen lagen zwischen 60 und 80% (Abb. 1).

Lidocain ist ein Klasse Ib Antiarrhythmikum, welches die Aktionspotentialdauer verkürzt. Sotalol ist eine Klasse III Substanz, welche die Repolarisation verlängert und zusätzlich eine b-blockierende Wirkung hat. Procainamid und Ajmalin sind Klasse I Antiarrhythmika, welche am Natriumkanal wirken und die Phase 0 und damit die Aktionspotentialdauer verlängern. Während Ajmalin im angloamerikanischen Raum nicht erhältlich ist und daher die meisten Arbeiten zu Ajmalin aus dem deutschsprachigen, europäischen Raum kommen, ist Procainamid in Österreich als i.v. Präparation nicht erhältlich. Der kontemporäre Trend in der medikamentösen Behandlung von ventrikulären Arrhythmien in der Ära nach den CAST Studien (New Engl J Med 1989; 321:406-412; New Engl J Med 1992; 327: 227-33) geht eindeutig in Richtung der Klasse III Substanzen, während das Prinzip der Klasse Ib eigentlich weitgehend verlassen wurde (Am J Cardiol 1996; 78(4A):28-33).

In Anbetracht der oben angeführten Tatsachen wurde von Mark E. Josephson - einer bekannten Persönlichkeit auf dem Gebiet der ventrikulären Arrhythmien - bereits 1996 in einem Editorial darauf hingewiesen, dass es erstaunlich ist, dass Lidocain in Textbüchern und von namhaften Gesellschaften immer noch zur Konversion ventrikulärer Tachykardien empfohlen wird (Lidocaine and sustained monomorphic ventricular tachycardia: fact or fiction. Am J Cardiol 1996; 78:82-83). In diesem Editorial wird auch betont, dass in normal polarisiertem Gewebe der Effekt von Lidocain auf die Wellenlänge (das ist Refraktärzeit x Leitungsgeschwindigkeit) nur minimal sein kann. Als mögliche (aber nicht bewiesene) Einsatzgebiete von Lidocain werden unter anderem genannt:

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Tags: intensiv-news notfallmedizin lidocain reanimation 

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