INTENSIV-News
Effectiveness of antibiotic prophylaxis in critically ill adult patients: systematic review of randomised controlled trials
R. D’Amico, S. Pifferini, C. Leonetti et al. British Medical Journal 1998; 316:1275-85
OBJECTIVE:
To determine whether antibiotic prophylaxis reduces respiratory tract
infections and overall mortality in unselected critically ill adult
patients.
DESIGN: Meta-analysis of randomised controlled trials from
1984 and 1996 that compared different forms of antibiotic prophylaxis
used to reduce respiratory tract infections and mortality with aggregate
data and, in a subset of trials, data from individual patients.
SUBJECTS:
Unselected critically ill adult patients; 5727 patients for aggregate
data meta-analysis, 4343 for confirmatory meta-analysis with data from
individual patients.
MAIN OUTCOME MEASURES: Respiratory tract infections and total mortality.
RESULTS:
Two categories of eligible trials were defined: topical plus systemic
antibiotics versus no treatment and topical preparation with or without a
systemic antibiotic versus a systemic agent or placebo. Estimates from
aggregate data meta-analysis of 16 trials (3361 patients) that testes
combined treatment indicated a strong significant reduction in infection
(odds ratio 0.35; 95% confidence interval 0.29 to 0.41) and total
mortality (0.80; 0.69 to 0.93). With this treatment five and 23 patients
would need to be treated to prevent one infection and one death,
respectively. Similar analysis of 17 trials (2366 patients) that tested
only topical antibiotics indicated a clear reduction in infection (0.56;
0.46 to 0.68) without a significant effect on total mortality (1.01;
0.84 to 1.22). Analysis of data from individual patients yielded similar
results. No significant differences in treatment effect by major
subgroups of patients emerged from the analyses.
CONCLUSIONS: This
meta-analysis of 15 years of clinical research suggests that antibiotic
prophylaxis with a combination of topical and systemic drugs can reduce
respiratory tract infections and overall mortality in critically ill
patients. This effect is significant and worth while, and it should be
considered when practice guidelines are defined.
Effektivität der Antibiotika - Prophylaxe bei Intensivpatienten
"Große Zahlen allein sind offenbar (auch) keine Lösung"*
Mitte
der 80er Jahre wurde von Stoutenbeek (1) das Prinzip der selektiven
Darmdekontamination (SDD) zur Prävention der Pneumonie bei intubierten
Patienten vorgestellt. Durch die lokale Gabe nicht resorbierbarer
Antibiotika bzw. Antimykotika sollte es möglich sein, die Kausalkette -
Kolonisation der Mukosa, des Oropharynx bzw. des Gastrointestinaltraktes
mit anschließender Besiedelung der Schleimhäute des Respirationstraktes
- als pathophysiologischen Mechanismus der Intubationspneumonie zu
durchbrechen. Um zum Zeitpunkt der Intubation bestehende "präklinische"
bronchopulmonale Infekte zu therapieren, wurde zudem eine kurzfristige
systemische Antibiotikagabe empfohlen. Obwohl in dieser Publikation, wie
auch in einer Reihe von Folgeuntersuchungen, die Pneumonieinzidenz
durch eine SDD gesenkt werden konnte, ergab sich daraus kein Effekt
hinsichtlich der Gesamtmortalität. Die Inhomogenität der Patienten an
einer ICU, unterschiedliche Spezialisierungen der Intensivstationen
(z.B. Traumatologische ICU), die Verwendung unterschiedlicher
Antibiotikakombinationen als SDD und Studien mit zu kleinen Fallzahlen
(man schätzt, daß etwa 2000 - 3000 Patienten in eine Studie
eingeschlossen werden müßten, um eine signifikante Reduktion der
Mortalität festzustellen) haben zur Folge, daß die Effektivität einer
SDD bei intubierten Patienten bis heute nicht beurteilt ist. Diese
Probleme versucht die Arbeitsgruppe um D´Amico R; et al. durch eine
Metaanalyse randomisierter SDD-Studien zu umgehen. Als bereits bekannt
kann die erste Schlußfolgerung dieser Analyse gelten, welche besagt, daß
die sogenannte Darmdekontamination nur in Kombination mit einer
systemischen Antibiotikagabe die Infektinzidenz zu senken vermag. Neu
wäre allerdings der Schluß, daß sich durch eine SDD auch die Mortalität
an der ICU senken ließe. Allerdings ergeben sich bei näherer Betrachtung
dieser Publikation einige Kritikpunkte. Ein wesentliches Problem von
Metaanalysen stellt die Auswahl der Publikationen dar. Obwohl von den
Autoren Studien mit sehr spezifischem Patientengut (z.B. nach
Lebertransplantation) exkludiert wurden, finden sich weiterhin unter den
herangezogenen 16 Publikationen Studien mit sehr speziellen Design.
Neben einigen Arbeiten über traumatologische Patienten sind es vor allem
Arbeiten, in welchen zusätzlich zur SDD eine Begleittherapie mit
Sucralfat verabreicht wurde. Damit stellt sich einerseits die Frage,
inwieweit Sucralfat selbst zur Senkung der Pneumonieinzidenz beiträgt,
andererseits ist nicht auszuschließen, daß Sucralfat trotz zeitlichem
Abstand der Verabreichungen eventuell die Antibiotikawirkung reduziert.
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