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Rebellion der Reservebank:

Akute Appendizitis als Kontrollverlust des intestinalen Mikrobioms?


Mucosal invasion by fusobacteria is a common feature of acute appendicitis in Germany, Russia, and China.

Swidsinski A, Dörffel Y, Loening-Baucke V, et al.                                                                                      Saudi J Gastroenterol 2012; 18:55-8

Department of Gastroenterology, Laboratory for Molecular Genetics, Polymicrobial Infections and Bacterial Biofilms, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Germany.


Die akute Appendizitis ist eines der bekanntesten Krankheitsbilder überhaupt. Sie gilt weltweit als „chirurgische“ Erkrankung, was auf die lebensrettende chirurgische Entfernung des erkrankten Organs zurückzuführen ist.

Bis zur allgemeinen Einführung der Appendektomie in den 1890er Jahren (Erst­eingriff bereits 1735) war die akute Appendizitis, die etwa 8% aller Menschen betrifft, eine häufige, meist hochdramatische Todesursache. Viele Patienten hören noch heute, dass sie „gerade noch“ durch eine Operation gerettet werden konnten, obwohl die Perforationsrate heute unter 5% liegt.

Pathophysiologie, Mikrobiologie, Immunologie und nicht-operative Therapiestrategien der Appendizitis sind bis heute mindestens so unsicher wie die physiologischen Funktionen des betroffenen Organs selbst. Die traditionelle Konservierung von OP-Präparaten durch das antibakteriell und denaturierend wirkende Formalin trug dazu bei, dass bakterielle und mukosale Faktoren unbekannt blieben. Heute wird der menschliche Wurmfortsatz auch als Reservoir des intestinalen Mikrobioms gesehen, mit der Möglichkeit einer raschen Wiederherstellung dieses hoch entwickelten „bakteriellen Organs“ nach Infektionen, Immunaktivierung oder weiteren antimikrobiell wirkenden Faktoren [Randal Bollinger R, J Theor Biol 2007; 249:826]. Potentiell invasive Erreger werden durch reichlich vorhandene Immunzellen, körpereigene antimikrobielle Substanzen wie Defensine, Cathelicidine oder Gallensäuren, sowie durch die mechanische Separation luminaler Kompartments über eine weitgehend bakteriendichte, bis zu 1000 µm haltende Mucusschicht unter Kontrolle gehalten. Diese bisher kaum beachtete Trennschicht kann offenbar durch Detergentien, wie sie auch als industrielle Nahrungszusätze vorkommen, geschädigt werden. Man kann darüber spekulieren, ob diese auch entzündliche und funktionelle Darmerkrankungen in den letzten Dekaden begünstigt haben.

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Tags: gastro&hepa-news chirurgie appendizitis mikrobiom 

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