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Können wir auf die Bestimmung des gastralen Residualvolumens bei Intensivpatienten unter enteraler Ernährung verzichten?


Impact of not measuring residual gastric volume in mechanically ventilated patients receiving early enteral feeding: A prospective before-after study.

Poulard F, Dimet J, Martin-Lefevre L, et al.                                                                                                                              JPEN 2010; 34:125-30

Medical-Surgical Intensive Care Unit, District Hospital Center, La Roche-sur-Yon, France.


In den aktuellen Guidelines zur Ernährungstherapie beatmeter Patienten wird empfohlen, möglichst früh mit einer enteralen Ernährung über eine nasogas­trale Sonde zu beginnen (Mc Clave SA, JPEN 2009, 33:277). Trotz der eindeutigen Vorteile der enteralen Ernährung wird sie von einem Teil der Intensivpatienten nicht oder nur schlecht toleriert. Der Nahrungsaufbau wird dann begleitet von gastroösophagealem Reflux, Regurgitation und Erbrechen. Die enterale Ernährung wird kurze Zeit unterbrochen, für Stunden pausiert oder gar ganz gestoppt. Die Intoleranz gegenüber der enteralen Ernährung führt nicht nur zu einem erhöhten Pflegeaufwand und zum Einsatz einer parenteralen Ernährung, sondern auch zu einem erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko, da die schwer kranken Patienten nicht genügend Kalorien erhalten und aspirationsgefährdet sind (Mentec H; Crit Care Med 2001; 29:1955).

Eine der gefürchtesten Komplikationen der enteralen Ernährung ist die Aspiration der Nährlösung bzw. von Mageninhalt mit der daraus resultierenden Lungenentzündung. Um das Risiko der Aspiration zu minimieren, monitorisieren viele Kliniken das Restvolumen des Magens (gastrales Residualvolumen = GRV). Die Annahme ist, dass die Messung des GRV zuverlässige Resultate ergibt und als nützlicher Marker für die Gefahr von Aspiration und Pneumonie benutzt werden darf. Doch wie viele Verfahren in der Medizin wurde die GRV-Messung nie adäquat validiert.

Ab welchem Volumen an GRV das Aspirationsrisiko gefährlich ansteigt, ist unbekannt. Hohe GRV (>400 ml) sind nicht zwingend mit einer Aspiration verbunden und niedrige (<100 ml) sind keine Garantie dafür, dass keine Aspiration auftritt. So hat die Beachtung eines niedrigen GRV nicht zu einer Abnahme der Pneumonieraten geführt (Pinilla JC, JPEN 2001; 25:81). Erhöhte GRV werden häufig bei Patienten mit schweren Begleiterkrankungen, unter Katecholamintherapie, kontinuierlicher Sedierung sowie Sepsis beobachtet. Die Messung des GRV allein scheint also wenig klinischen Nutzen zu haben. Dennoch wird das Instrument der GRV-Messung auf vielen Intensivstationen weltweit täglich angewandt.

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Tags: nutrition-news ernährung intensivmedizin magen enteral 

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