Zeitlich begrenzter Therapieversuch bei kritisch kranken Patienten

Der nicht angemessene Einsatz von Behandlungsmaßnahmen auf der Intensivstation für Patienten mit schweren Erkrankungen und schlechter Prognose kann zu einer medizinischen Versorgung führen, die zu keiner für die PatientInnen bedeutsamen Verbesserung der (Über-)Lebensdauer oder Lebensqualität führt, mehr Schaden als Nutzen verursacht und/oder von PatientInnen nicht gewollt wird und als Überversorgung bezeichnet wird (Michalsen A; Med Klin Intensivmed Notfmed 2021; 116:281).

Frühere Studien zeigten, dass bei über 20% der Patienten, die auf internistischen Intensivstationen invasiv behandelt wurden, die Wahrscheinlichkeit einer sinnvollen Genesung sehr zweifelhaft war (Chang DW; JAMA Internal Medicine 2017; 177:280). Die Angemessenheit der Intensivtherapie unterliegt unterschiedlichen Einschätzungen innerhalb eines Behandlungsteams. Dennoch sollte die Intensität der Behandlungen an die Prognose, die Patientenpräferenzen sowie die patientenzentrierten Therapieziele angepasst werden.

Patienten mit fortgeschrittenen internistischen Erkrankungen würden angesichts einer umfassenden Information über die therapeutischen Möglichkeiten und die Grenzen der Therapie, wo der Schaden einen möglichen Nutzen überschreitet, in vielen Fällen auf invasive Therapien verzichten und palliative Therapieansätze bevorzugen (Angus DC; Crit Care Med 2004; 32:638; Barnato AE; J Gen Internal Med 2009; 24:695).