INTENSIV-News
Acute Lung Injury (ALI) und Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS)
sind redundante Synonyme für die akute inflammatorische pulmonale
Reaktion auf unterschiedliche exogene und endogene Noxen,
charakterisiert durch bilaterale Infiltrationen, exudatives Ödem und
einen PaO2/FiO2-Quotienten ≤ 300 bzw. ≤ 200. ALI und ARDS zählen zu den
häufigsten Organdysfunktionen mit hoher Letalität bei Intensivpatienten
und haben als Langzeitfolge mitunter erhebliche psychische und physische
Beeinträchtigungen der Lebensqualität zur Folge. Die Inzidenz für ein
ALI beträgt 18 bis 79 und für ein ARDS 13 bis 59 Fälle pro 100,000
Einwohner/Jahr und die Letalität 35 bis 40%. Bis zu 50% der Patienten
mit einem ALI entwickeln innerhalb der ersten Woche ein ARDS [Rubenfeld G; Chest 2007; 131:554].
Die schwere Sepsis hat in etwa zur Hälfte eine pulmonale Genese, und
mit über 80% sind ALI/ARDS die häufigsten Organdysfunktionen der
schweren Sepsis [Beale R; Infection 2009; 37:222].
Die mehrfach modifizierten Therapiekonzepte adjunktiver Glucocorticoide
bei ALI/ARDS sind seit Jahren Gegenstand kontroverser Diskussionen.
Während eine eintägige hoch dosierte Gabe von 120 mg/kg
Methylprednisolon (MPS) bei ‚frühem’ ARDS weder die Lungenfunktion
bessern noch die Entwicklung eines Sepsis-induzierten ARDS verhindern
konnte und die Letalität erhöhte [Bernard RG: New Engl J Med 1987; 317:1585; Bone RC: Chest 1987; 92:1032],
wurden bei einer über zwei Wochen applizierten Dosis von 2 mg/kg MPS
als ‚rescue-therapy’ bei ‚spätem’ ARDS positive Effekte beobachtet [Meduri GU: JAMA 1998; 280: 159]. Dies konnte jedoch in einer Multicenterstudie nur teilweise bestätigt werden [Steinberg KP: New Engl J Med 2006; 354:1533].
Neuerdings wird wieder das Konzept verfolgt, Glucocorticoide bei
‚frühem’ ALI/ARDS, jetzt jedoch in niedriger Dosierung und länger, zu
applizieren [Confalonieri M: Am J Resp Crit Care Med 2005; 171:242; Meduri GU: Chest 2007; 131:954].
Rationale für die Therapie mit ‚niedrig’ dosierten Glucocorticoiden
Die Frühphase des ALI/ARDS ist gekennzeichnet durch eine exazerbierte
pulmonale Inflammation mit Schädigung der alveolo-kapillären Barriere;
im weiteren Verlauf ist die gesteigerte Fibroproliferation
charakteristisch. Die Dynamik der inflammatorischen Reaktion hat
prognostische Relevanz. Verlaufsstudien zeigten, dass Patienten ohne
Verbesserung der pulmonalen Funktion in der ersten Woche in der
broncho-alveolären Lavage persistierend hohe Marker der Inflammation,
der alveolo-kapillären Störung und Fibroproliferation aufwiesen und eine
höhere Letalität hatten [Meduri GU: Intensive Care Med 2008; 34:61].
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