INTENSIV-News
Effect of haloperidol on survival among critically ill adults with a high risk of delirium: The REDUCE randomized clinical trial.
van den Boogaard M, Slooter AJC, Brüggemann RJM, Schoonhoven L, Beishuizen A, Vermeijden JW, et al. JAMA 2018; 319:680-690
Haloperidol and ziprasidone for treatment of delirium in critical illness.
Girard TD, Exline MC, Carson SS, Hough CL, Rock P, Gong MN, Douglas IS, Malhotra A, et al. N Engl J Med 2018; 379:2506-16
Haloperidol: Allheilmittel oder vergebliche Hoffnung?
Im
Jahr 1980 beschrieben die Kollegen Sos und Cassem die Anwendung von
Haloperidol in astronomischen Dosen zur Behandlung eines agitierten
Delirs im postoperativen Kontext (Sos J, Cassem NH; Drug Therapy 1980;
10:103). Bis zu 299 mg (!) Tagesdosis wurden in dieser Arbeit zur
Therapie eines Delirs eingesetzt. In vierzig Jahren Intensivmedizin ist
viel passiert, aber Haloperidol gehört nach wie vor zum
Standardrepertoire des Klinikers und ist ein beliebtes Medikament im
Kontext des intensivmedizinischen Delirs. Unschlagbar scheint es
hinsichtlich der parenteralen Verfügbarkeit zu sein und wird so
insbesondere bei gastrointestinalen Passagestörungen zum präferierten
Neuroleptikum.
Trotz der Beliebtheit ist der aus der Gruppe der
Butyrophenone stammende Wirkstoff, der als einer der stärksten Dopamin
Typ-2-Rezeptor-Antagonisten und damit potentesten Neuroleptika gilt,
kritisch zu betrachten. Nicht zuletzt wurde dies durch eine FDA-Warnung
aus dem Jahr 2007 unterstrichen, die vor Hochdosistherapie sowie einer
intravenösen Applikation von Haloperidol warnt, da ein erhöhtes Risiko
für QTc-Verlängerungen mit konsekutiven, lebensbedrohlichen
Torsades-de-pointes Tachykardien bestünde (Meyer-Massetti C; J Hosp Med
2010; 5:E8).
Einige Hersteller entschieden selbstständig, diese
Applikationsform aus den Fachinformationen zu streichen. Es wurden
Warnhinweise ergänzt, dass, sofern Haloperidol entgegen der Empfehlung
in der Fachinformation intravenös angewendet wird, eine kontinuierliche
Überwachung des EKGs und der QTc notwendig ist. Ebenso wurde der
Indikationsbereich für verschiedene Darreichungsformen eingeschränkt,
was nicht zuletzt in anderen schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen
begründet ist:
Typische Nebenwirkungen von Haloperidol umfassen neben den Herz-Kreislauf-Komplikationen auch das maligne neuroleptische Syndrom und Bewegungsstörungen (Früh- und Spätdyskinesien, Akathisie sowie Parkinsonismus). Insbesondere tardive Dyskinesien, die als potentiell irreversibel gelten und mit rhythmischen, orofazialen Bewegungen einhergehen, sind Spätfolgen, die – wenn auch selten – grundsätzlich auch bei Kurzzeitanwendung auftreten können. Dieser Umstand ist seit den 1970er Jahren bekannt (Stimmel GL; Am J Hosp Pharm 1976; 33:961).
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