State-of-the-ART:

Die Durchführung von sogenannten alveolären Rekrutierungsmanövern, d. h., die kurzfristige Applikation von hohen Beatmungsdrücken (40-60 cm H₂O) zur (Wieder-)Eröffnung kollabierter Alveolarbereiche, kann kurzfristig die Oxygenierung verbessern. Eine Wiedereröffnung atelektatischer Lungen­areale zur Vermeidung eines „Atelektraumas“ erscheint pathophysiologisch sinnvoll, auch deswegen wird dieses Manöver z. B. beim ARDS oder nach einer Diskonnektion vom Beatmungsgerät durchgeführt.

Obwohl es bisher keine guten Daten dafür gibt, dass relevante Patientenfaktoren (harte klinische Endpunkte) entscheidend durch Rekrutierungsmanöver gebessert werden, wird das Verfahren in der klinischen Routine breit angewendet. So heißt es in einem aktuellen Lehrbuch der Intensivmedizin: „Rekrutierungsmanöver stellen ein wichtiges und inzwischen von vielen Intensivmedizinern akzeptiertes Verfahren bei Patienten mit einer z. T. atelektatischen Lunge dar“.

Ende 2016 wurde ein Cochrane-Review zu dieser Thematik publiziert (Hodg­son C; Cochrane Database Syst Rev 2016; 11:Cd006667). Dabei reduzierte eine Beatmungsstrategie mit Rekrutierungsmanövern die Intensivletalität ohne Effekt auf 28-Tage- und Krankenhausletalität. Die Fachgesellschaften bewerten diese „schwache“ Datenlage sehr unterschiedlich. So empfehlen die American Thoracic Society (ATS), die European Society of Intensive Care Medicine (ESICM) sowie die Society of Critical Care Medicine (SCCM) in einer 2017 publizierten gemeinsamen Leitlinie Rekrutierungsmanöver bei allen Patienten mit ARDS (Fan E; Am J Respir Crit Care Med 2017; 195:1253).