Gibt es die gesunde Niere im Alter?

Epidemiologie

Global findet derzeit ein ausgeprägter demografischer Wandel statt. Weltweit wird sich in den nächsten 30 Jahren die Zahl der über 65-Jährigen verdreifachen. In Mitteleuropa dürfte bis zum Jahr 2030 die Zahl der über 65-Jährigen um ein Drittel steigen und insgesamt ca. 30% der Gesamtbevölkerung betragen (Statistisches Bundesamt, 2011). Dies hat vielfältige Konsequenzen für die medizinische Versorgung und erfordert ärztlicherseits eine detaillierte Kenntnis altersbedingter Organveränderungen.

Morphologie der gealterten Niere

Altern ist unmittelbar an einen zunehmenden Verlust von funktioneller Nierenmasse gekoppelt. Autopsie-Studien ermittelten eine Abnahme der Nierenmasse von 20-35% zwischen dem 30. und 80. Lebensjahr (Nyengaard JR; Anat Rec 1992; 232:194). Betroffen von diesen altersbedingten Umbauvorgängen ist v. a. der Nierenkortex mit einer konsekutiven Reduktion der Glomeruli. Infolgedessen kommt es neben der re­duzierten Organgröße zu einer Verschmälerung des Parenchymsaums – Veränderungen, die auch sonographisch auf ein gealtertes Organ hinweisen. Im Nierenparenchym zeigt sich eine gesteigerte interstitielle Fibrose mit einer vermehrten Infiltration mononukleärer Zellen (Ferder LF; Exp Gerontol 2003; 38:237). Während das Tubulussystem von den Alterungsvorgängen vergleichsweise weniger betroffen ist, kommt es in den Glomeruli zu ausgeprägten Veränderungen. Diese Veränderungen umfassen einen kontinuierlichen Verlust von Podozyten, eine Vermehrung des Mesangiums, eine Verdickung der GBM und eine Hyalinisierung der Arteriolen. Entsprechend nimmt auch die Zahl verödeter Glomeruli von ca. 1-2% in der 3. Lebensdekade auf mitunter 20-30% bei über 80-Jährigen zu. Diese Veränderungen werden durch Erkrankungen wie Bluthochdruck und Diabetes noch erheblich beschleunigt. Der Ne­phronverlust führt zur Hyperfiltration und Hypertrophie in den verbleibenden Ne­phronen, welches im weiteren Verlauf die Glomerulosklerose beschleunigt.