ADRENAL & APROCCHSS: Ist Hydrocortison im septischen Schock endgültig obsolet?

Nun haben wir also den Salat! Befürchtet war es ja schon seit vielen Monaten, jetzt ist es publik: Zwei große, randomisierte Studien zum Einsatz von niedrig dosiertem Hydrocortison beim septischen Schock erschienen parallel in einer aktuellen Ausgabe des New England Journal of Medicine. Zum einen die ADRENAL-Studie des aus­tralisch-neuseeländischen Forschungsnetzwerkes ANZICS (Venkatesh B; NEJM 2018; 378:797), zum anderen die APROCCHSS-Studie der französischen Gruppe um Djillali Annane (Annane D; NEJM 2018; 378:809).

Beide zusammen rekrutierten mehr als 5000 Patienten mit „septischem Schock“ (zu den jeweiligen Definitionen siehe unten). Die Hälfte der Patienten erhielt 200 mg Hydrocortison (HC) pro Tag, die andere Hälfte ein verblindetes Placebo-Präparat.

Was gibt es also zu klagen? Genau danach haben die Intensivmediziner über Jahre gerufen, jetzt sollte also die entscheidende Erkenntnis gewonnen sein…, wenn da nicht ein kleiner Haken wäre: Während die ADRENAL-Studie keinen Effekt von HC auf den primären Endpunkt 90-Tage-Letalität zeigt (p = 0,50), ist genau dies bei der APROCCHSS-Studie der Fall (p = 0,03).

Das erinnert uns an die zahlreichen Übersichtsarbeiten, Kommentare, Pro-Con-Debatten etc. zu HC als adjunktive Therapie des septischen Schocks, in denen immer wieder die bis dato erschienenen zwei größeren RCTs, Ger-Inf-05 (Annane D; JAMA 2002; 288:862) und CORTICUS (Sprung CL; N Engl J Med 2008; 358:111) gegenübergestellt wurden, erstere mit signifikantem Effekt, die zweite ohne.