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Ein zerebrales MRT-Signal und mehr Fragen als Antworten


Willful modulation of brain activity in disorders of consciousness.

Monti MM, Vanhaudenhuyse A, Coleman MR, et al.                                                                                             N Engl J Med 2010; 362:579-89

Medical Research Council Cognition and Brain Sciences Unit, Cambridge, United Kingdom.


Stellen Sie sich am Beginn dieses Kommentars vor Sie würden Tennis spielen! Wie Forscher der Brain Sciences Unit in Cambridge unter Verwendung funktioneller MRT-Untersuchungen (Messung der Änderungen der lokalen Konzentration deoxygenierten Hämoglobins) nachweisen konnten, aktivieren gesunde Probanden nach der Aufforderung, sich vorzustellen, sie würden Tennis spielen, eine bestimmte neuroanatomische Region (Supplementär-motorisches Areal). Wenn dieselben Probanden hingegen aufgefordert werden, sich vorzustellen, durch ihre Wohnung oder eine sonstige vertraute Umgebung zu gehen, aktivieren sie eine andere Hirnregion (Gyrus parahippocampalis). Nun wurde in dieser Aufsehen erregenden Studie von Monti und Mitarbeitern dieselbe Technik und experimentelle Situation bei 54 Patienten mit der Diagnose eines vegetativen Status oder „minimal conscious state“ verwendet, um etwaige Hirnaktivitäten nachzuweisen.

Tatsächlich wurde bei vier Patienten mit der Diagnose eines vegetativen Status und einem Patienten mit „minimal conscious state“ nach der Aufforderung, sich diese zwei Situationen vorzustellen (Tennis und Gehen in gewohnter Umgebung), ein entsprechendes zerebrales Aktivierungsmus­ter nachgewiesen. Bei zwei der Patienten mit der Diagnose vegetativer Status wurden in Kenntnis des funktionellen MRT-Befundes bei der darauffolgenden klinischen Untersuchung zuvor nicht vorhandene oder registrierte Hinweise auf Wachreaktionen gefunden. Einer der Patienten mit nachweisbarem zerebralen Aktivierungsmuster wurde daraufhin in der funktionellen MRT auf die Fähigkeit getestet, mittels dieser zwei Aktivierungsmuster auf einfache Fragen mit einer zerebralen Aktivierung zu reagieren. Diese zerebrale Aktivierung konnte mit einem statistischen Verfahren einem „Ja“ oder „Nein“ zugeordnet werden. Das Ergebnis lautete, dass fünf von sechs Fragen richtig beantwortet wurden (z. B. „ ist der Name ihres Vaters Thomas“?), während auf die sechste Frage keine Reaktion mehr nachgewiesen wurde.

Diese Studie hat wie zu erwarten große Aufmerksamkeit in den Medien gefunden. Durch die an der Oberfläche bleibende Berichterstattung von Massenmedien besteht jedoch die Gefahr einer verfälschten öffentlichen Wahrnehmung. Besonders könnten aber auch die Angehörigen von schwerst zerebral geschädigten Patienten in ihren Erwartungen, Hoffnungen und Ängsten in eine falsche Richtung gelenkt werden. Umso wichtiger erscheint es, auf einige der Limitationen und Diskussionspunkte dieser Publikation einzugehen.

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Tags: intensiv-news neurologie mrt 

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