Berechnung des Proteinbedarfes bei künstlicher Ernährung:

Eine neue Übersichtsarbeit von Looijaard und Kollegen lenkt die Aufmerksamkeit auf eine Größe, die vielen Ärzten lange Zeit als ein Esoterikum der Ernährungsmedizin galt: die Körpermagermasse oder Lean Body Mass (LBM) (Looijaard WGPM; Curr Opin Crit Care 2018; 24:241). Diese war eine von vielen Körperkompartimenten, denen eher wissenschaftliche Relevanz zugesprochen wurde.

Es konnte in den letzten zwei Dekaden bei vielen Erkrankungen unzweifelhaft gezeigt werden, dass die LBM – oder ein wesentlicher Teil davon, die Skelettmuskulatur – bei vielen Erkrankungen eine erhebliche prognostische Relevanz besitzt: Eine verminderte LBM bei Krankenhausaufnahme oder im Verlauf ist assoziiert mit einer verlängerten Liegezeit, vermehrten Infektionen, einer schlechteren Rehabilitation und einer erhöhten Krankenhausmortalität (z. B. Weijs PJ; Crit Care 2014; 18R12).

Die Bestimmung der LBM ist ein wichtiger Parameter zur Bestimmung des Ernährungsstatus bei Aufnahme und ebenso ein wesentlicher Erfolgsparameter jeder Ernährungstherapie, da die Aufrechterhaltung oder Rekonstitution der Körpermagermasse ein wesentliches Ziel einer solchen ist. Dass die LBM auch die bessere Bezugsgröße für die Schätzung des Energieumsatzes ist, wurde bereits vor mehr als 50 Jahren bewiesen (Miller AT Jr; J Appl Physiol 1953; 5:311). Besondere Beachtung aber sollte die LBM bei der Dosierung des Proteins in der oralen, enteralen und parenteralen Ernährung erfahren. Seit Beginn der Ernährungstherapie wird – mit ganz wenigen Ausnahmen – die Proteindosis bei nicht adipösen Patienten per kg aktuellem Körpergewicht angegeben, ohne dass dieses jemals groß hinterfragt würde.