Schlechte Zeiten für N-Acetyl-Cysteine?

Wenn eine neue Therapie eingeführt wird, wird sie meist euphorisch begrüßt, besteht die Tendenz, die Anwendbarkeit zu generalisieren ("good for everybody”). Im weiteren Verlauf melden sich die kritischen Stimmen, das Pendel schlägt zurück, die Skeptiker überwiegen, die Therapie wird verteufelt ("would not even give my dog"). Erst dann kann mit zunehmend verbesserter Studienlage ein solides Indikationsspektrum definiert werden. Dies war auch bei N-Acetyl-Cystein (NAC) in der Prävention der Kontrastmittelinduzierten Nephropathie (CIN) so. Nach der Publikation von Herrn Tepel aus Berlin wurde NAC weltweit von allen relevanten Fachgesellschaften empfohlen und klinisch breitest eingesetzt (Tepel M; N Engl J Med 2000; 343:180). Die Empfehlungen sind beinahe so weit gegangen, es dem "Trinkwasser zuzusetzen". In der Folge sind zahlreiche negative Studien erschienen, die auch zu negativen Metaanalysen und dies wieder zum weitgehenden Verlassen dieser NAC-Prophylaxe geführt haben. Mit der Studie von Marenzi aus dem Jahre 2006, die allerdings wegen der hohen Mortalität und Inzidenz einer CIN der untersuchten Patientenpopulation nicht ganz nachvollziehbar ist, haben die NAC-Proponenten wieder Argumentationshilfe erhalten (Marenzi G; N Engl J Med 2006; 354:2773).