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SDD (Selektive Darmdekontamination) oder SDD light (SOD – Selektive Oropharyngeale Dekontamination) bei Intensivpatienten?


Decontamination of the digestive tract and oropharynx in ICU patients.

de Smet AM, Kluytmans JA, Cooper BS, et al.                                                                                                    N Engl J Med 2009; 360:20-31

Division of Perioperative and Emergency Care, University Medical Center, Utrecht, The Netherlands.


Bei schwer kranken Patienten findet eine Verschiebung des Erregerspektrums statt, die die Schleimhäute des Mund-Rachenraums und potenziell des gesamten Intestinaltrakts kolonisieren. Diese oropharyngeale Gram-negative Fehlbesiedelung ist multifaktoriell bedingt und erhöht das Risiko der Gram-negativen Pneumonie, Bakteriämie und anderer Komplikationen. Fast alle unserer Maßnahmen zur Prävention der beatmungs-assoziierten Pneumonie zielen darauf ab, die Aspiration erregerhaltigen Sekrets zu verhindern: Mundpflege, Oberkörper-Hochlagerung, Vermeiden von gastro-oralem Reflux, verbesserte Abdichtung der Tubus-Blockermanschetten etc.

In Ergänzung solcher mechanischer Maßnahmen liegt es nahe, die Gram-negative Fehlbesiedelung pharmakologisch zu verhindern, z. B. durch Antiseptika oder topisch applizierte, nicht-resorbierbare Antibiotika. Bei der „Selektiven Darmdekontamination“ (SDD) handelt es sich um eine Dreifach-Strategie, bei der Patienten zum einen in die Mundhöhle eine Mischung aus nicht-resorbierbaren Antibiotika erhalten, meist Colistin (entspricht Polymyxin E), ein Aminoglykosid und Amphotericin B. Dadurch soll die Erregerlast des oropharyngealen Sekrets reduziert werden. Zum anderen wird diese Antibiotikamischung über Magensonden gegeben – was dem Konzept den unglücklichen Namen Darmdekontamination verliehen hat – und drittens erhalten die Patienten eine 2- bis 4-tägige intravenöse Antibiotikaprophylaxe (in der Regel Cefotaxim). Letzteres soll frühen Infektionen vorbeugen, die nicht auf der o. g. Fehlbesiedelung beruhen, sondern primär endogen entstehen. Das Konzept wurde mit einigen Modifikationen angewendet, gilt aber im Allgemeinen für intubierte Intensivpatienten mit einer erwarteten Beatmungsdauer über 48 Stunden.

Zunächst zeigten Meta-Analysen aus vielen Einzelstudien, dass SDD die Letalität reduziert (Nathens AB; Arch Surg 1999; 134:170). Die relative Risikoreduktion betrug meist um 10%, d. h., dass bei einer Letalität in den Kontrollgruppen von ca. 30% die Letalität der SDD-Patienten bei ca. 27% lag. Dann zeigten 3 prospektive, randomisierte Einzelstudien, dass die SDD die Letalität schwer kranker Intensivpatienten reduziert (Krueger WA; Am J Respir Crit Care Med 2002; 166:1029; de Jonge E; Lancet 2003; 362:1011; de la Cal MA; Ann Surg 241:424).

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Tags: intensiv-news gastroenterologie sdd sod 

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