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Überleben mit Sepsis und Multiorganversagen

Ein Erfahrungsbericht


Es fing so harmlos an. Nachdem ich abends etwas gegessen hatte, bekam ich heftige Bauchschmerzen. Zunächst dachte ich an eine Unverträglichkeit und hoffte, dass dies vorübergehen würde. Aber statt besser, wurden die Schmerzen immer stärker, sodass ich in die nächste Rettungsstelle fuhr. Während ich auf das Ergebnis der Blutuntersuchung wartete, verschwanden meine Schmerzen genauso plötzlich wie sie gekommen waren. Ich wollte wieder nach Hause gehen, aber die behandelnde Ärztin bat mich, noch bis zum nächsten Tag zu bleiben, da abgeklärt werden sollte, woher meine Schmerzen kamen. Bei der Sonographie am nächsten Tag stellte man fest, dass ich Gallensteine hatte, die mittels einer ERCP ein paar Tage später entfernt werden sollten. Dafür war ein zweitägiger Krankenhausaufenthalt geplant.

Am 04. Mai 2006 fuhr ich in das Krankenhaus. Ich weiß noch, dass es ein sonniger Tag war. Verlassen habe ich das Krankenhaus auch an einem sonnigen Tag, allerdings war es inzwischen November. Aus den geplanten zwei Tagen waren sechs Monate geworden. In dieser Zeit lag ich 163 Tage auf der Intensivstation, davon sechs Wochen im Koma. In dieser Zeit wurde ich mehrmals operiert. Es mussten Nekrosen und Abs­zesse entfernt werden. Erst als ich wieder zu Hause war, wurde mir das Ausmaß meiner Erkrankung bewusst. Im Entlassungsbrief fanden sich folgende Diagnosen: Pankreatitis, ARDS, Sepsis, Multiorganversagen.

Nach dem Koma

Eine meiner ersten Erinnerungen in der Aufwachphase nach dem Koma war, dass ich spüren konnte, wie sich die Luftkammern in der Matratze füllten und wieder leerten. Ich dachte, ich läge in einem Boot, das auf dem Wasser hin und her schaukelt. Dies war sehr angenehm, allerdings standen die von mir wahrgenommenen Geräusche in einem krassen Gegensatz dazu. Das Zischen der Beatmungsmaschine und die Alarme der Perfusoren kamen mir fremd vor, und ich empfand sie als laut und unangenehm. Ich versuchte, mich an die Nase zu fassen, was mir nicht gelang. Meine Hände waren am Bettgitter fixiert, worüber ich sehr ungehalten war. Ich nahm mir vor, einen Rechtsanwalt einzuschalten, denn ich konnte mir nicht vorstellen, was diese freiheitsentziehende Maßnahme rechtfertigen könnte. Als ich das nächste Mal wach war, war mein Mann an meinem Bett und sagte mir, dass ich sechs Wochen im Koma gelegen hätte und schwer krank sei. Ich wurde beatmet, aus meinem Bauch kamen mehrere Drainagen, in meiner Nase steckte eine Magensonde, ich hatte überall Zugänge, aber ich konnte nicht begreifen, dass ich krank war. Ich hielt diese Maßnahmen für gänzlich übertrieben. Ich verstand nicht, was dort vor sich ging, und ich war gegenüber Pflegenden und Ärzten misstrauisch.

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Tags: intensiv-news sepsis multiorganversagen Überleben erfahrung 

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