NEPHRO-News
Wenn Sie heute einen großen, einen erfolgreichen Wissenschaftler, einen
hochgeschätzten Lehrer ehren, ist das zunächst einmal eine Sache der
Fachkollegen. Sie können seine Persönlichkeit, seine Ausstrahlung, seine
fachlichen Ergebnisse, seine Bedeutung in der Universität, in seinem
Institut, in der wissenschaftlichen Welt würdigen. Daneben kommt mir die
schöne Aufgabe zu, und dafür bin ich dankbar, die strukturellen, die
ethischen, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu benennen, in denen sich
eine solche Wissenschaft entfalten kann. Und dabei wird viel die Rede
sein von einem Wissenschaftler in verantwortlicher Freiheit. Wem dieser
Terminus zu abstrakt ist, der mag an dieser Stelle stets an den heute
zu Ehrenden denken. Personalisierung, Individualisierung sind bei dem
Thema Freiheit immer erwünscht.
I. Das Prinzip der Freiheit als Angebot
Freiheit heißt, sich von anderen unterscheiden zu dürfen. Der
Dichter schreibt Tag und Nacht und wird reich an Texten, der Kaufmann
verkauft Tag und Nacht und wird reich an Bilanzen. Diese Menschen sind
dank ihrer Freiheit grundverschieden. Wenn sie ihre Biographie so
fortsetzen, werden sie im Laufe ihres Lebens diese Verschiedenheit
mehren. Eine freiheitliche Gesellschaft setzt auf die Unterscheidung.
Die verfassungsrechtlichen Freiheitsangebote gewähren Rechte, sehen den
Berechtigten also stets in seiner Beziehung zu einem Gegenüber, der
grundsätzlich gleiche Freiheiten beansprucht. Deswegen begründet ein
Freiheitsrecht nur dann ein Recht zur Beliebigkeit, wenn die Wahrnehmung
der rechtlich definierten - begrenzten - Freiheit ausschließlich den
Berechtigten betrifft. Im Rahmen dieser Gegenwartsfreiheiten kann sich
der Freiheitsberechtigte heute entscheiden, ein Glas Bier oder ein Glas
Wein zu trinken, zu Fuß zu gehen oder mit dem Auto zu fahren, ein Buch
zu lesen oder ein Theater zu besuchen. Will der Grundrechtsträger
hingegen in die großen Gärten der Freiheit wie etwa die Wissenschaft,
die Familien- oder Firmengründung eintreten, also seine langfristigen
Zukunftsfreiheiten wahrnehmen, sind stets andere Freiheitsberechtigte
mitbetroffen. Sie erschließen sich ihm nur, wenn er bereit ist zur
langfristigen Bindung. Der Wissenschaftler studiert, promoviert,
habilitiert und entwickelt ein großes wissenschaftliches Konzept und
geht dabei Schritt für Schritt beharrlich vorwärts. Diese Freiheit
schützt die Kraft zur Bindung.
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Tags: nephro-news rechtsordnung freiheit wissenschaft sondersitzung
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