Sauerstoffsensorfunktion der Nieren

Die Aufrechterhaltung einer ausrei­ch­en­den Sauerstoffversorgung des Organismus ist eine der essentiellen homöostatischen Funktionen der Nieren. Dabei regeln die Nieren die Neubildung von Erythrozyten durch die Produktion des Hormons Erythropoietin. Die adäquate Produktion von Erythropoietin erfordert dabei die Erfassung des arteriellen Sauerstoffgehalts und die nachfolgende Umsetzung in die Hormonproduktion entsprechend eines zweistufigen Prozesses, der die Translation des arteriellen Sauerstoffgehalts in einen entsprechenden Sauerstoffdruck im Tubulointersti­tium und die nachfolgende Registrierung des resultierenden lokalen interstitiellen Sauerstoffdrucks umfasst.

Dieser Beitrag beschreibt diese ­Schritte der Sauerstoffregistrierung in der gesunden Niere sowie bei chronischen Nierenerkrankungen. In diesem Zusam­menhang wird auch auf intrarenale Hypoxie und die Verhältnisse in der dia­betischen Niere eingegangen, inklusive Therapie mit Inhibitoren des tubulären Glukosetransports (SGLT-2i), welche die Sauerstoffregistrierung in der Niere beeinflussen können. Abschließend werden auch die Effekte von Prolylhydroxylase-Inhibitoren (PHD-I) diskutiert, welche direkt in den Prozess der zellulären Sauerstoffregistrierung eingreifen und mittlerweile eine Behandlungsop­tion bei renaler Anämie darstellen.

Das Hypoxie-induzierbare Faktor-(HIF)-Signalsystem (Abbildung 1)

Die klassischen Organe für die Sauerstoffregistrierung im Körper sind die Karotiskörperchen, in denen Glomuszellen als Reaktion auf einen Abfall des arteriellen Sauerstoffdruckes (paO2) depolarisieren und damit kardio-respiratorische Neuronen im Hirnstamm aktivieren, um die Sauerstoffversorgung der Organe zu verbessern. Diese ­intravasale „Sauerstoffmessung“ in den Karotiden ist ein sekundenschneller Prozess und beinhaltet die Aktivität von Sauerstoffradikalen und eine Modulation von Ionenkanalaktivität.